Full text: Anekdoten und Charakterzüge aus dem Leben König Alberts von Sachsen.

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84. Schwieriges Candungsmanöver. 
Schloß Sibyllenort besitzt bekanntlich einen herrlichen Teich, der 
auch von Herren der Hofgesellschaft fleißig zu Gondelfahrten benutzt 
wird. Eines schönen Morgens vergnügte sich einer der Herren mit 
Gondeln, er bemühte sich aber zum Schluß vergeblich, an dem etwas sehr ab- 
schüssigen Ufer zu landen. Der König saß in einiger Entfernung da- 
von zeitunglesend auf der Veranda und hatte mit seinem scharfen Jäger- 
auge schon längst die erfolglosen Anstrengungen des ahnungslosen Kavaliers 
bemerkt. Der letztere hörte auf einmal zu seinem nicht geringen Schrecken 
eine ihm nur zu wohlbekannte Stimme, die ihm scherzenden Tones 
zurief: „Was machen Sie da für schwierige Landungsmanöverl!" 
Es war König Albert. Der Kavalier wollte sich nun in seinem schwanken- 
den Fahrzeuge ehrfurchtsvoll erheben, aber der König wehrte in Be- 
rücksichtigung der damit verbundenen Gefahr freundlich ab, rief vielmehr 
einige der in der Nähe befindlichen Gondoliere herbei, welche die glück- 
liche Landung des Kavaliers in Kürze herbeiführten. 
85. Jürsorge für „Kontrate Antertanen“. 
Im Sibyllenorter Schloßpark wachsen viel Maiblumen. Die Königin 
Carola liebte diese zarten und wohlduftenden Kinder Floras sehr, und 
sie ging daher mit den Damen und Herren ihrer Umgebung häufig auf 
die Maiblumensuche. Das öftere Bücken dabei war für die Beteiligten 
mit einiger Anstrengung verbunden, am meisten für einen der Kavaliere, 
dessen Beine infolge eines Leidens der Schonung bedurften. König 
Albert wußte dies, und besorgt frug er darum jenen Kavalier nach 
der Rückkehr einer solchen Maiblumensuche: „Es hat doch Ihren 
Untertanen nichts geschadet?“ 
86. König Albert und sein Hoflieferant. 
Kurz nach des Königs Tode veröffentlichten die „Dresdner Nach- 
richten“ folgende hübschen und bezeichnenden kleinen Züge, welche Zeugnis 
ablegen von der liebenswürdigen Ungezwungenheit, mit welcher sich der 
Herrscher unter dem Publikum, und besonders bei seinen Einkäufen in 
den Geschäften zu bewegen pflegte. Aus ihnen spricht zugleich ein großes 
Sach= und Kunstverständnis, ein außerordentliches Gedächtnis, vornehm-
	        
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