— 54 —
8 12.
Die Rirchen und Religionsgesellschaften.
I. Freie öffentliche Religionsübung kommt nach § 56 der
Verfassungsurkunde nur den aufgenommenen christlichen Con-
fessionen zu.
In den Erblanden war nach dem Normaljahr die evangelisch-
lutherische Kirche allein im Besitz der öffentlichen Religionsiübung;
in der Oberlausitz zur Zeit ihrer Erwerbung sowohl die evange-
lisch-lutherische als die katholische Kirche; der Traditionsreceß von
1635 forderte die Erhaltung des Rechts beider vertragsmäßig.
Seit dem Uebertritt der landesherrlichen Familie zur katholischen
Confession stellten alle Curfürsten beim Antritt der Regierung und
auf den einzelnen Landtagen der Erblande die Versicherung der
Erhaltung der evangelischen Kirche in ihren Rechten aus; diese
Versicherung bezog sich auf die chursächsischen Länder überhaupt
(1697 erhielten die Protestanten der Oberlausitz auch noch eine
besondere Versicherung).
Der Posener Frieden vom 11. Dezember 1806 zwischen dem
Curfürsten Friedrich August und Napoleon (durch welchen der
Curfürst unter Annahme der Königswürde dem Rheinbund bei-
trat) sprach in Art. 5 die Gleichstellung der katholischen Kirche
mit der protestantischen in Hinsicht auf die Religionsübung, und
die der beiderseitigen Angehörigen bez. der bürgerlichen und
politischen Rechte aus. In Folge dessen kam dieser Grundsatz
auch staatsgesetzlich zum Ausdruck in dem Mandat des Königs
vom 16. Februar 1807 (im Cod. Aug. Contin. III. Bd. I S. 11).
Dieselbe Gleichstellung erlangte die reformirte Kirche und
ihre Angehörigen auf Anregung der Stände durch das Mandat
vom 18. März 1811 (I. c. S. 17).
So waren also in § 56 der Verfassungsurkunde unter den
1831 im Königreich bereits ausgenommenen christlichen Confessionen
die evangelisch-lutherische und reformirte, sowie die römisch-katho-
lische zu verstehen.
Weiter soll nach § 56 der Verfassungsurkunde freie öffent-
liche Religionsübung nur denjenigen christlichen Confessionen zu-