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952 Anhang XX 1. Seemannsordnung. Vom 2. Juni 1902. § 128—135.
ist von einer Einsperrung abzusehen, sofern sich das Schiff auf
hoher See befindet.
Der Thäter ist unter Mittheilung der aufgenommenen Ver-
handlungen an dasjenige Seemannsamt, bei welchem es zuerst ge-
schehen kann, abzuliefern. Wenn im Auslande das Seemanns-
amt aus besonderen Gründen die Uebernahme ablehnt, so hat der
Kapitän die Ablieferung bei demjenigen Seemannsamte zu be-
wirken, bei welchem es anderweit zuerst geschehen kann. "
In dringenden Fällen ist der Kapitän, wenn im Ausland ein
Seemannsamt nicht rechtzeitig angegangen werden kann, ermäch-
tigt, den Thäter der fremden Behörde behufs dessen Uebermitte-
lung an eine zuständige deutsche Behörde zu übergeben. Hier-
von hat er bei demjenigen Seemannsamte, bei welchem es zuerst
geschehen kann, Anzeige zu machen.
Sechster Abschnitt.
Allgemeine Vorschriften.
§ 128. [104.] Jedes Seemannsamt ist verpflichtet, die güt-
liche Ausgleichung der zu seiner Kenntniß gebrachten, zwischen
dem Kapitän und dem Schiffsmanne bestehenden Streitigkeiten zu
versuchen. Insbesondere hat das Seemannsamt, vor welchem die
Abmusterung erfolgt, hinsichtlich solcher Streitigkeiten einen Güte-
versuch zu veranstalten.
§ 129. I105.] Der Schiffsmann darf den Kapitän vor einem
ausländischen Gerichte weder strafrechtlich noch civilrechtlich be-
langen, sofern gegen ihn ein Gerichtsstand im Inlande begründet
ist. Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so ist er nicht allein
für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, sondern er wird
außerdem der bis dahin verdienten Heuer verlustig.
Er kann in den Fällen, die keinen Aufschub leiden, die vor-
läufige Entscheidung des Seemannsamts nachsuchen. Die Gelegen-
heit hierzu darf der Kapitän ohne dringenden Grund nicht versagen-
Auch dem Kapitän steht unter denselben Voraussetzungen, wie dem
Schiffsmanne, die Befugniß zu, die Entscheidung des Seemanns-
amts nachzusuchen.
Jeder Theil hat die Entscheidung des Seemannsamts einst-
weilen zu befolgen, vorbehaltlich der Befugniß, seine Rechte vor
der zuständigen Behörde geltend zu machen.
Im Falle eines Zwangsverkaufs des Schiffes finden die Vor-
schriften des Abs. 1 auf die Geltendmachung der Forderungen des
Schiffsmanns aus dem Heuervertrage keine Anwendung.