88 Vierter Abschnitt: Die Organisation des Staates. II. Die Ständeversammlung. § 22.
weisung verabfolgen ¹). Die Austheilung der für die Staatsschuld erforderlichen Summen
unter die Einnahmekassen wird mit Rücksicht hierauf in jeder Finanzperiode durch das
R. Bl. öffentlich bekannt gemacht.
Die näheren Bestimmungen über die Staatsschuldenverwaltung, zu welcher auch
die Verwaltung der Aktivkapitalien der Kasse gehört, sind in besonderen Gesetzen, ins-
besondere in dem revidirten Staatsschuldenstatut vom 22. Febr. 1837 und der Novelle
zu diesem Statute vom 4. Sept. 1853 enthalten ²). Nach Maßgabe dieser Normen, welche
als ordentliche Gesetze nicht durch einfachen Beschluß der Abgeordnetenkammer (gelegent-
lich der Feststellung des Etats) abgeändert werden können, wird die Verwaltung der Kasse,
so lange der Landtag nicht versammelt ist, durch den Ausschuß, bei versammeltem Land-
tage durch die von beiden Kammern gemeinschaftlich gewählte Staatsschuldenverwaltungs-
kommission unmittelbar geleitet ³). In zweifelhaften Fällen entscheidet jedoch die Stände-
kammer, an welche vom Ausschusse im Rechenschaftsberichte, von der Kommission erforder-
lichenfalls in speziellem Berichte über den Stand der Kasse Mittheilung zu machen ist
und etwaige Anträge zur Beschlußfassung zu bringen sind. Die Beamten der Kasse
(der Kassier, der Kontrolleur und die Buchhalter) sind den Ständen und in deren
Abwesenheit dem ständischen Ausschusse untergeordnet; sie leisten den Diensteid als
Staatsbeamte und haben die Rechte und Pflichten von solchen, außerdem werden sie
noch dahin verpflichtet, daß sie nur von der ständischen Behörde Zahlungsverfügungen
annehmen.
Zur Ausübung des Oberaufsichtsrechts (s. o.) ist vom Könige ein Kommissär auf-
gestellt; die monatliche Revision der Kasse erfolgt durch ein Mitglied der Oberrechnungs-
kammer, welchem der ständische Ausschuß ein Mitglied beizuordnen hat. Von der Ober-
rechnungskammer wird auch die Jahresrechnung abgenommen und geprüft, worauf die-
selbe von den königl. und ständischen Kommissarien abgehört wird (s. o.).
Die Kosten der Verwaltung an Besoldungen und Kanzleierfordernissen werden aus
der zur Bestreitung des ständischen Aufwandes überhaupt bestimmten ständischen Susten-
tationskasse bezahlt (s. S. 90).
Was die einzelnen Staatsschulden insbesondere betrifft ⁴), so kann die Aufnahme neuer
Staatsschulden, wohin auch die Konversion bestehender Schulden zu rechnen ist, nur auf die Initiative
der Staatsregierung „auf den Grund einer gemeinschaftlichen Verabschiedung zwischen Regierung
und Ständen" d. h. in der Form des Gesetzes beschlossen werden. Die Kontrahirung der An-
lehen in Ausführung der Verabschiedung erfolgt dann durch den vollen ständischen Ausschuß unter
Zustimmung der Regierung. Die Gelder fließen zunächst in die Staatsschuldenzahlungskasse, von
welcher sie den Verabschiedungen entsprechend an die Staatshauptkasse verabfolgt werden. In
den Büchern der letzteren werden diese Einnahmen und ihre Verwendung als sogen. außerordent-
licher Dienst nachgewiesen. Zur formellen Giltigkeit der Staatsschuldscheine sind seit dem
Ges. v. 20. März 1881 die Unterschriften der Präsidenten der beiden Kammern in Facsimile und
die Originalunterschrift eines Mitgliedes der ständischen Staatsschuldenverwaltungsbehörde, des
K. Kommissärs bei der Staatsschuldenzahlungskasse und eines Beamten der letzteren erforderlich
und genügend. Die Staatsschuldscheine werden auf den Inhaber ausgestellt, sie können aber auch
auf den Namen eingeschrieben und zu jeder Zeit von einem Namen auf den andern übergeschrieben
werden ⁵). In besonders bezeichneten Ausnahmefällen werden die Zinsen von den auf den Namen
eingeschriebenen Schuldscheinen nur gegen Quittung verabfolgt.
1) V. U. §§ 119—123, 116.
2) Vgl. auch noch die Gesetze v. 22. Juni 1843, betr. die künftige Form der Staatsschuld-
scheine, das Ges. v. 30. Juni 1845 und das Ges. v. 20. März 1881 betreffend die Staatsschuld,
endlich das Ges. v. 18. Aug. 1879, betreffend die auf den Inhaber lautenden Staatsschuldscheine
nebst Vollzugs-Verordn. v. 27. Sept. 1879.
3) Vgl. über diese Kommission, welche regelmäßig aus einem Mitgliede d. K. d. Standes-
herren und vier Mitgliedern d. K. d. A. zusammengesetzt ist, Mohl, I S. 655, Bitzer S. 208f.
4) S. auch hierüber unten § 64.
5) Seit dem Ges. v. 20. März 1881 Art. 3 wird für die Einschreibung auf den Namen