96 Vierter Abschnitt: Die Organisation des Staates. II. Die Ständeversammlung. § 26.
Königl. V. O. vom 31. Dez. 1861) von Regierung und Ständen übereinstimmend ange-
nommenen Auslegung der V. U. mit dem Tage, an welchem die letzte der allgemein ange-
ordneten Wahlen (sei dies nun eine ritterschaftliche oder eine andere, insbesondere eine
engere Wahl) vollzogen wurde ¹).
Die Vornahme allgemeiner Neuwahlen, welche durch Königl. Verordnung angeordnet
wird, setzt — sofern nicht zuvor eine förmliche Auflösung der Ständeversammlung erfolgt
ist — den völligen Ablauf der sechsjährigen Wahlperiode voraus, wodurch jedoch nicht aus-
geschlossen ist, daß die Vorbereitungen zur Neuwahl schon vor diesem Zeitpunkte angeordnet
werden. Mit dem Ablaufe der sechsjährigen Wahlperiode hört übrigens für alle Mitglieder
der Ständeversammlung, auch für die nicht durch Wahl Berufenen, die Ausübung der
ständischen Rechte verfassungsmäßig von selbst auf; V. U. § 157.
Vor Ablauf der sechsjährigen Wahlperiode geht die Mitgliedschaft der zweiten Kammer
zu Ende:
a) im Falle der Auflösung der Ständeversammlung (s. § 32) ²);
b) im Falle des Verzichts (V. U. 8 158);
c) wenn ein Mitglied eine der nothwendigen Eigenschaften eines Abgeordneten
(s. o. § 23) verliert, oder ein gewähltes Mitglied wegen einer bei der Wahl
verübten Bestechung oder Erpressung oder wegen eines zu diesem Zwecke begangenen
Betrugs gerichtlich verurtheilt worden ist; Wahlges. vom 26. März 1861 Art. 21
Abs. 2;
d) im Falle der Anstellung im Staatsdienste oder der Beförderung eines
gewählten Beamten (s. S. 97);
e) wenn ein Mitglied den Stand oder das Amt, worauf seine Befähigung beruht,
zu besitzen aufhört (V. U. § 158);
f) in Folge der Ausschließung durch Urtheil des Staatsgerichtshofes (V. U. §§ 199,
203).
4. Die Wahlordnung der Kammer der Abgeordneten.
§ 26. Gemeinsame Vorschriften. I. Die Wählbarkeit. Der zu Wählende
muß zunächst im Besitze der wesentlichen Eigenschaften jedes Ständemitgliedes sein (s. o.
§ 23). Aus besonderen Gründen sind ferner unfähig, gewählt zu werden:
1. Personen, welche zur Zeit der Wahl ihren Wohnsitz nicht im Königreiche haben;
dagegen wird der Wohnsitz innerhalb des Wahlbezirks nicht verlangt. (V. U. 8 147) ³);
2. Diejenigen, welche am Tage der Wahl das dreißigste Lebensjahr noch nicht
zurückgelegt haben (V.U. § 134)) ⁴;
1) Früher wechselten die Ansichten über diese Frage; s. Mohl, I S. 558; Bitzer a. a. O. S. 105 ff.
2) Mit dieser hört natürlich auch das Mandat derjenigen Abgeordneten auf, welche während
der Wahlperiode durch eine Einzel-Neuwahl in die Kammer eingetreten sind; über die Anordnung
der Neuwahl für einen einzelnen Abgeordneten, dessen Mandat erloschen, f § 30.
3) Daß diese Vorschrift auch für die ritterschaftlichen Wahlen gilt, ist in § 147 V. U. (in den
Worten: „Wahlmänner eines Kreises“) ausdrücklich gesagt; s. auch Bitzer S. 145; A. M. Sar-
wey, II 186 N. 5, dessen nunmehrige Berufung (W. Arch. XXIII 432) auf die Stellung des § 147
„in der Reihe der auf die Wahl der Abgeordneten der Städte und Aemter bezüglichen Vorschriften“
schon durch die beiden vorhergehenden, auch auf die ritterschaftlichen Wahlen bezugnehmenden §§ 145
u. 146 widerlegt wird, wie denn auch die Bestimmung der Instr. v. 12. Dez. 1819 § 2 Z. 2 sich nicht,
wie Sarwey annimmt, auf den jetzt ersetzten § 142, sondern vielmehr auf den § 147 gründet,
welcher allein sich mit dem Wohnsitz innerhalb Landes beschäftigt.
4) Dieses Lebensalter wird hiernach auch für das vom Domkapitel zu wählende Mitglied