Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 46. Die Pflichten und Beschränkungen der Beamten. 145 
tementschefs für ihre Verfügungen unbedingt verantwortlich. Für alle anderen Beamten 
und Behörden schreibt dagegen der § 53 vor, „daß sie bei eigener Verantwortlichkeit nur 
die ihnen von den geeigneten Stellen in der ordnungsmäßigen Form zukommen- 
den Anweisungen zu befolgen haben. — Sind sie im Zweifel, ob die Stelle, welche 
ihnen einen Auftrag ertheilt hat, dazu kompetent sei, so haben sie darüber bei ihrer 
vorgesetzten Behörde anzufragen, sowie ihnen auch obliegt, wenn sie bei dem Inhalt einer 
höheren Verfügung Anstände finden, solche auf geziemende Weise und unter Vermeidung 
jeder nachtheiligen Verzögerung der verfügenden Behörde vorzutragen, im Falle eines be- 
harrenden Bescheids aber die Verfügung zu befolgen“. Nach dem Wortlaute dieser ebenso 
unklar gefaßten als sachlich nicht zu rechtfertigenden Vorschrift ¹) hätte streng genommen, 
wenn die Unzuständigkeit oder die Formwidrigkeit zweifellos ist, der Beamte die An- 
weisung „bei eigener Verantwortlichkeit“ nicht zu befolgen. Das war aber offenbar nicht 
die Absicht der Verfassung. Die Worte „im Zweifel“ sollen vielmehr — und so wurden 
sie immer interpretirt ²) — ausdrücken, „in allen Fällen, in welchen der Beamte den 
Befehl überhaupt beanstanden will, also auch wenn die Unzuständigkeit und Formwidrig- 
keit offensichtlich ist“, soll der Beamte nach der angeführten Vorschrift verfahren. Nach 
dieser Bestimmung ist ferner der intellektuell beschränkte oder minder skrupulöse Beamte, 
der die Weisung der vorgesetzten Behörde gar nicht prüft, und deßhalb keinen Zweifel 
findet, jeder Verantwortung enthoben, wenn er die Weisung einer sachlich oder örtlich 
ganz unzuständigen Behörde, oder einen Befehl, zu dessen Ausführung er selbst nicht 
zuständig ist, oder dem es an der erforderlichen Form fehlt, befolgt ³). — Mit diesem 
Rechtszustande war nun der § 113 des D. Str. G. B. nicht in Einklang zu bringen, da 
dieser dem Vollstreckungsbeamten gegen Widerstand nur dann Schutz verleiht, „wenn er 
in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes handelt“ ⁴). Anstatt nun aber bei Er- 
lassung des württemberg. B.G. dieses letztere durch Beseitigung des §. 53 der V. U. 
und Aufnahme des § 13 der R.B.G. mit dem Str.G. B. prinzipiell in Einklang zu 
bringen, hielt man den angeblich erprobten § 53 der V. U. aufrecht und setzte in Paren- 
these die Worte bei („vgl. übrigens insbesondere § 113 des R. Str. G. B.“). Damit ist 
— und die Erklärungen der Regierung vor den Ständen lassen hierüber keinen Zweifel 
zu — das ganze frühere Recht der V. U. aufrecht erhalten, wenn nicht im einzelnen 
Falle die Anwendung des § 113 des Str.G.B. ⁵) zu einem anderen Resultate führt. 
Soweit nämlich der einzelne Beamte gegen Widerstand durch das St. G.B. nicht 
geschützt ist, soll ihm allerdings fernerhin die Pflicht zum Gehorsam gegen die Weisung 
der vorgesetzen Behörde nicht zugemuthet werden. Der zufällige Umstand, ob ein Wider- 
stand in Frage steht, soll also den Umfang der Gehorsamspflicht bestimmen, so daß für 
Unterlassungen ein anderes Recht gilt als für Handlungen und für Handlungen hin- 
wiederum, je nach dem Widerstand in Frage steht oder nicht. Stößt der Beamte auf 
Widerstand, so hat er nunmehr auf eigene Verantwortung zu prüfen, ob er in der recht- 
mäßigen Ausübung seines Amtes begriffen ist, m. a. W. ob ihm die örtliche und sachliche 
Zuständigkeit zu der vorzunehmenden Handlung beiwohnt, er also Vollstreckungshand- 
lungen der fraglichen Art am betreffenden Orte vorzunehmen befugt ist. Eine selbstän- 
 
1) S. auch die treffenden Bemerkungen von Laband, R St. R. I S. 439f.; auch Freund 
im Arch. f. öff. R. I 108 f. 124. 
2) S. auch Mohl, 1 S. 775, 780. 
3) Daß ihm keine Prüfung in Beziehung auf die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes zusteht, ist 
hiernach selbstverständlich 
4) Anders das württ. Str.G.B. von 1839, welches den vollziehenden Beamten regelmäßig 
gegen jeden Widerstand schützte (Art. 173, 174). 
5) Dessen Prinzip von dem württ. Gesetzgeber nicht anerkannt wird. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 10
	        
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