Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 47. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 151 
kannt geworden, Dienstentlassung zur Folge gehabt hätten. Jedes Disziplinarverfahren 
fällt weg, wenn der Angeschuldigte seine Entlassung aus dem Amte mit Verzicht auf 
Titel, Gehalt und Pensionsanspruch nachsucht oder als Pensionär auf Titel und Ruhe- 
gehalt verzichtet. B.G. Art. 80, 93. 
Der Entfernung vom Amte, sowie der Entziehung des Ruhegehaltes muß bei den 
auf Lebenszeit angestellten Beamten ein förmliches Disziplinarverfahren  
vorhergehen, dessen Einleitung von dem betreffenden Ministerium verfügt wird (s. o. S. 133 ¹). 
Dasselbe besteht in einer schriftlichen Voruntersuchung und in einer mündlichen Verhand- 
lung. Zuständig in erster und einziger Instanz ist der Disziplinarhof (s. o. S. 132 f.). 
Die Führung der Voruntersuchung erfolgt in Uebereinstimmung mit dem Reichs-Beamten- 
gesetz. Nur darf der Angeschuldigte der Vernehmung solcher Zeugen beiwohnen, welche 
voraussichtlich bei der mündlichen Verhandlung nicht erscheinen können, sofern dadurch 
der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit 
zwischen der Staatsanwaltschaft ²) und dem Voruntersuchungsbeamten über die Ergänzung 
der Voruntersuchung entscheidet das betreffende Ministerium, gegenüber richterlicher Be- 
amten der Disziplinarhof am Oberlandesgerichte. 
Die Einstellung des Verfahrens, die Wiederaufnahme eines eingestellten Verfahrens 
und die Verweisung vor den Disziplinarhof — welche Akte auch bei richterlichen Beamten 
durch das zuständige Ministerium verfügt werden — folgt ganz dem R.B. G., nur bildet 
eine mit der Einstellung erkannte Ordnungsstrafe kein Hinderniß für die Wiederauf- 
nahme der eingestellten Untersuchung. Auch die Vorschriften über die mündliche Ver- 
handlung stimmen genau mit dem R.B. G. überein ³). 
Gegen die Urtheile des Disziplinarhofes findet weder der Einspruch noch ein Rechts- 
mittel, sondern nur die Wiederaufnahme des Verfahrens statt (s. hierüber oben S. 133). 
Zum Nachtheile eines Freigesprochenen oder eines (z. B. nur zu einer Ordnungsstrafe) 
Verurtheilten ist die Wiederaufnahme nur binnen 5 Jahren vom Tage der betreffenden 
Entscheidung an zulässig ⁴). 
Dieses Disziplinarverfahren findet auch auf die zeitlich in den Ruhestand ver- 
setzten Beamten Anwendung. Bezüglich der vorläufigen Dienstenthebung s. u. S. 160 f. ⁵). 
Die Entlassung der nicht auf Lebenszeit angestellten Beamten er- 
folgt durch den König, wenn der Beamte durch den König angestellt oder bestätigt worden, 
andernfalls durch diejenige Behörde, welche die Anstellung verfügt oder bestätigt hat, 
ohne Beschwerderecht. Gegenüber den auf Kündigung angestellten Beamten kann 
wegen Vergehen gröberer Art die gleichbaldige Entlassung, wegen minder schwerer Ver- 
fehlungen die Strafversetzung oder eine Ordnungsstrafe (s. o. S. 149) verfügt werden. 
Gegen die sofort eintretenden vermögensrechtlichen Folgen der Entlassung oder Strafver- 
setzung dieser letzteren Beamten findet Beschwerde bis zum Verwaltungsgerichtshofe statt; 
auch bedarf es für eine solche Entlassung oder Strafversetzung stets des vorgängigen Gut- 
achtens der vorgesetzten Kollegialbehörde ⁶). 
Dienstverhältnisses begangenen Handlungen, abgesehen von der Verletzung des Amtsgeheimnisses 
(s. o.), nicht mehr disziplinarisch verfolgt werden kann. 
1) Die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren finden auch auf Volksschullehrer Anwen- 
dung; Gesetz vom 30. Dez. 1877. Art. 39 ff. u. Königl. V.O. v. 31. Dezember 1877; bezüglich der 
Körperschaftsbeamten s. § 51. 
2) Ueber diese s. o. S. 133, ebenso bezüglich der Bestellung des Untersuchungsbeamten. 
3) Vgl. Art. 87—102, 106, 107 des württ. B.G. mit §§ 94—109, 119 des R. B. G. 
4) Das Urtheil kann dann, abweichend vom R. B.G., auch auf Handlungen gegründet wer- 
den, welche schon früher den Gegenstand der Anschuldigung bildeten; s. das württ. B.G. Art. 104, 
vgl. m. d. R. B.G. § 108 Abs. 2. Ueber das Wiederaufnahmeverfahren selbst s. B.G. Art. 105. 
5)  Vgl. Art. 108—114 des B.G. m. §§ 125—131, 133 des R. B. G.  
6) B. G. Art. 20. Besondere Bestimmungen bezüglich der auf Kündigung oder Widerruf 

	        
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