Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

81. Geschichtliche Einleitung. II. 3 
II. Durch Kaiser Maximilian I. wurde Graf Eberhard der Aeltere, welcher in Reichs- 
angelegenheiten großes Ansehen genoß und sich namentlich (1488) um die Errichtung des schwäbischen 
Bundes Verdienste erworben hatte, am 21. Juli 1495 auf dem Wormser Reichstage zum Herzog 
erhoben und das Land selbst in dem Herzogsbrief ¹) unter erneuter Bestätigung des Münsinger 
Vertrags ²) zu einem untheilbaren und unveräußerlichen Reichsmannlehen und Herzogthum erklärt. 
Die Erhebung zu einem Reichsmannlehen hatte die Folge, daß für den Fall des Aussterbens des 
Mannsstamms für das Reich ein Heimfallsrecht am ganzen Lande, einschließlich der bisher allodialen 
Besitzungen und Weiberlehen, begründet wurde. Da zu jener Zeit nur noch ein einziger männlicher 
Agnat (der spätere Herzog Ulrich) in Frage kam, lag wohl in der Aussicht auf diesen Heimfall das 
Hauptinteresse der kaiserlichen Politik an dieser Standeserhöhung. 
Mit Letzterer trat die Entwickelung der Landeshoheit in ein neues Stadium. Verfassung 
und Verwaltung wurden mehr und mehr im Sinne des partikularen Staates ausgebildet. Württem- 
berg führte jetzt im Reichstage eine Virilstimme auf der Fürstenbank ³), wozu seit der Gründung 
einer besonderen Mömpelgard'schen Linie des herzoglichen Hauses (1556) eine zweite, seit 1654 vom 
Reiche anerkannte Virilstimme für die in der Freigrafschaft gelegene, später mit dem Herzogthum 
wiedervereinigte Grafschaft Mömpelgard ⁴), in der Folge auch eine Stimme auf der schwäbischen 
Grafenbank (für die Herrschaft Justingen) und ein Antheil an der Limpurg'schen Stimme auf der 
fränkischen Grafenbank hinzukam. 
Als (1510 und 1512) Deutschland in Kreise getheilt wurde, nahm Württemberg als Kreis- 
stand am schwäbischen und fränkischen Kreise Theil (am schwäbischen mit zwei Stimmen: für Würt- 
temberg und Justingen). Der Bischof von Constanz und der Herzog von Württemberg waren die 
"kreisausschreibenden Fürsten“, das Kreisdirektorium stand Württemberg allein zu. Daneben war 
demselben regelmäßig das Amt des Kreisobersten übertragen; auch stand ihm die Direktion eines 
Kreisviertels und der weltlichen Fürstenbank des Kreises zu. 
Größere Gebietserwerbungen fanden seit 1495 nur noch einmal statt, indem Württemberg 
im bayerischen Erbfolgekrieg, an welchem es auf Seiten von Bayern-München gegen die Pfalz Theil 
nahm, im Jahr 1504 und 1505 ausgedehnte pfälzische Besitzungen eroberte und behauptete ⁵), auch 
von Bayern zum Ersatz für die Kriegskosten die Herrschaft Heidenheim und die Schutzherrschaft 
über vier Klöster erhielt. 
Zu dem Lehensverband, in welchem Württemberg seit 1495 zum Reiche stand, trat bald 
nachher noch eine Lehensverbindung mit dem Hause Oesterreich. In dem Kriege nämlich, den Herzog 
Ulrich 1519 mit dem schwäbischen Bunde führte, eroberte der letztere das ganze Land und trat es 
1520 an den Kaiser Karl V. ab, welcher dasselbe in österreichische Verwaltung nahm und 1530 
seinen Bruder, den Erzherzog Ferdinand, förmlich mit dem Herzogthum belehnte. Die Wieder- 
eroberung des Landes durch Herzog Ulrich (1534) hatte zwar die Wiederanerkennung des letzteren 
als Landesherrn im Cadauer Vertrag vom 29. Juni 1534 ⁶) zur Folge; dagegen wurde das 
Herzogthum durch diesen Vertrag unter Aufrechterhaltung des Reichslehenverbands in ein österreichi- 
sches Afterlehen verwandelt, so daß die Herzöge zwar ihre Reichsstandschaft und das Land seine 
Reichsunmittelbarkeit behalten, dagegen der jeweilige Herzog sein Land von dem regierenden Erz- 
herzog von Oesterreich zu Lehen erhalten sollte. Der Passauer Vertrag vom 6. August 1552 ⁷) 
hielt dieses Verhältniß gegenüber dem Regierungsnachfolger Herzog Christof aufrecht. Erst durch 
den Prager Vertrag vom 24. Januar 1599 ⁸) gelang es, das Lehensverhältniß zu Oesterreich — 
aus Anlaß des Uebergangs der Succession auf die Mömpelgarder Linie des herzoglichen Hauses — 
württ. Fürstenhause, Stuttg. 1883; s. aber hiergegen Schneider in den Württ. Viertelj.-H. 
VII. S. 99. 
1) S. Reyscher, Grundges. Bd. II S. 1 ff., Württembergische Landesgrundverf. S. 12 ff. 
2) Die erste Bestätigung hatte schon Kaiser Friedrich III. im Jahre 1484 ertheilt. 
3) In der Sitz- und Stimmordnung auf der weltlichen Fürstenbank kam Württemberg hinter 
den Nebenlinien der kurfürstlichen Häuser; dagegen bestanden lange Zeit Rangstreitigkeiten mit 
Pommern, Hessen, Baden, Mecklenburg und Holstein, welche schließlich zu Vereinbarungen über die 
Abstimmung in 10 sog. Strophen führten; s. hierüber Häberlin, Deutsches Staatsrecht I. Bd. § 97; 
über die Stimme von Mömpelgard ebend. § 98, und bezüglich Justingen § 100.  
  4) S. Adam, Mömpelgard und sein staatsrechtl. Verhältniß. — W. Viertelj.-H. VII 181 fff. 278. 
5) Das Kloster Maulbronn, Stadt Besigheim, Stadt und Amt Weinsberg, Neuenstadt und 
Möckmühl, nebst der Lehensherrschaft über Gochsheim, der Grafschaft Löwenstein und Marbach. 
6) S. Reyscher a. a. O. II S. 75. 
7) Abdruck bei Reyscher a. a. O. S. 99. 
8) A. a. O. S. 257. 
 
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