168 Viert. Abschn.: Die Organisation d. Staates. III. Centralorgane d. Staatsregierung ꝛc. § 52.
vorhanden sind, die Gehalte der Volksschullehrer nach Maßgabe der staatlichen Gesetz-
gebung ¹) zu bezahlen, wobei jedoch die Staatskasse sehr bedeutende Zuschüsse leistet ²).
Die Rechtsverhältnisse der Volksschullehrer sind im engsten Anschlusse an das B.G.
von 1876 durch ein besonderes Gesetz vom 30. Dez. 1877 geregelt. Dasselbe unterscheidet
zwischen den auf Lebenszeit angestellten („ständigen"“) Lehrern und den auf jederzeitigen
Widerruf angestellten (Verweser, Unterlehrer, Lehrgehilfen) ³). Die Rechte des Ressort-
ministeriums (im Sinne des B. G.) werden hier durch die Oberschulbehörde ausgeübt,
welche jedoch in bestimmten Fällen, namentlich beim Disziplinarverfahren ⁴) (Art. 41
Abs. 2 a. a. O.) an die vorgängige Genehmigung des Kultusministeriums gebunden ist.
Abweichungen vom B. G. bestehen namentlich bezüglich der Einkommensverhältnisse
(Art. 4 a. a. O.). Der Gehalt ist zwar monatlich, aber nicht im Voraus zu bezahlen,
dagegen stets aus einer Hand, auch wo mehrere Kassen beizutragen haben ⁵). Besondere
Bestimmungen gelten ferner bezüglich der Stellvertretungskosten bei Urlaub und Krank-
heit (Art. 6 und 7). Abweichend von dem B. G. fällt bei den ständigen Lehrern auch
die Aufstellung eines Hilfslehrers oder Stellvertreters bis zur Dauer von sechs Monaten
sowie die Strafversetzung ohne Verlust an Gehalt unter den Begriff der Ordnungsstrafe,
welche ohne förmliches Disziplinarverfahren von der Oberschulbehörde verfügt werden
kann ⁶).
Nach denselben Grundsätzen wie die Volksschullehrer werden in dem zweiten Gesetze
vom 30. Dez. 1877 auch die Lehrer und Lehrerinnen an den höheren
Mädchenschulen behandelt, wenn die Schule von einer Gemeinde auf ihre Rech-
nung gegründet und unterhalten und die Anstellung der Lehrer von der Staatsbehörde
vorgenommen oder bestätigt wird, sofern die Lehrer ihrer Dienstprüfung nach dem Volks-
schullehrerstande angehören, wogegen unter obigen Voraussetzungen das Beamtengesetz von
1876 Anwendung findet, wenn die Lehrer in Folge ihrer Dienstprüfung zur Kategorie
der Lehrer an den Real- und Lateinschulen gehören.
Sind die höheren Mädchenschulen Privatanstalten, so kann den Lehrern an
denselben nach Maßgabe der Art. 2 — 12 des angeführten Gesetzes die Pensionsberechtigung
(gegenüber der Staatskasse bezw. den Wittwen- und Waisenpensionsanstalten) verliehen
werden; das Nähere s. in dem angef. Ges. vom 30. Dez. 1877 und bezüglich der Pensions-
rechte der Erzieher und Lehrer an den Rettungsanstalten für verwahrloste Kinder und
ähnlichen Privatanstalten oben S. 156.
§ 52. B. Das Ehrenamt (s. o. S. 139 III) ist zwar ein Amt ⁷) mit einem abgegrenzten
Kreise von Rechten und Pflichten, es begründet aber als solches, auch wenn es nicht wie die
Funktion der Schöffen und der Geschworenen, der Mitglieder der Gemeinderäthe, Bürger-
ausschüsse und Amtsversammlungen auf gesetzlicher Dienstpflicht beruht ⁸), sondern mit
1) Diese ist enthalten in den Gesetzen vom 29. Sept. 1836 Art. 34, 36—40, 55, vom
6. Sept. 1858 und vom 25. Mai 1865 Art. 4—10; den Gesetzen vom 18. April 1872 und
22. Jaun. 1874.
2) Der Gesammtaufwand für Gehalte und Zulagen ꝛc. der Volksschullehrer in Württemberg
schon im Jahr 1873 rund vier Millionen Mark, woran nahezu der vierte Theil aus der Staatskasse
zugeschossen wird; s. Riecke a. a. O. S. 149 ff., 153, 156, 159.
3) Zu letzteren gehören auch die Lehrerinnen, welche an Mädchenschulen, an den untersten
Knabenklassen und an den untersten gemischten Schulklassen an der Stelle von Unterlehrern und
Lehrgehilfen angestellt werden können; Art. 44 ff.
4) Ueber letzteres s. oben S. 133, 151 N. 1.
5) Vgl. auch die Min. Verf. v. 28. Jan. 1878 betr. die Ausbez. d. Volksschull. Geh. R. Bl. S. 10.
6) Ueber die Pensionen der Volksschullehrer und ihrer Hinterbliebenen s. auch oben S. 156, 157.
7) Das B. G. gibt zwar in Art. 1 (abweichend vom R. B. G.) eine Definition des Begriffs
des „Beamten“, aber nichts des „Amts“.
8) G. V.G. §§ 31 ff., 84, 85 Abs. 2; Gem. Angeh. Ges. Art. 15 u. 31.