§ 52. Das Ehrenamt. 169
freier Zustimmung des Berufenen übernommen worden ist ¹), für den Inhaber nicht
die Stellung eines Beamten im Sinne des Art. 1 des B. G., weil die Inhaber dieser
Ehrenämter nicht vom König oder der höheren Staatsbehörde angestellt sind (vgl. auch
Str. G. B. 8 359 m. § 31 Abs. 2), wenn sie auch in einem weiteren Sinn, mit Rück-
sicht auf die ihnen zukommende Ausübung der Staatsgewalt, auf die Verantwortlichkeit
für die gesetzmäßige Handhabung ihres Amts und auf die freiwillige Uebernahme ihrer
Funktion nach erfolgter Berufung als Staatsbeamte gelten können ²). Andersliegt die Sache bei
den Handelsrichtern. Denn diese werden vom König ernannt ³) und stehen in einem
dauernden, wenn auch nur auf drei Jahre beschränkten, unentgeltlichen Dienstverhältniß ⁴).
Sie sind also „auf bestimmte Zeit“ angestellte Beamte im Sinne des Art. 2 Abs. 2 des
B. G., wie auch das R.G.V.G. ihnen während der Dauer ihres Amtes alle Rechte und
Pflichten richterlicher Beamten zuschreibt ⁵). Es müssen also die Vorschriften des B.G.
auf dieselben Anwendung finden, soweit sie nicht durch die besondere Natur des Ehren-
amts, namentlich die Unentgeltlichkeit der Funktion und die beschränkte Dauer der-
selben ausgeschlossen sind ⁶). Insbesondere gilt dies von den Vorschriften über das Dis-
ziplinarverfahren gegen richterliche Beamte, welche neben den Bestimmungen des G.V.G.
§ 117 anwendbar sind ⁷).
Wesentlich verschieden von der Funktion im Ehrenamte, beruhe diese nun auf gesetz-
licher Dienstpflicht oder freiwilliger Annahme einer Wahl, wie andererseits von der be-
sonderen Funktion des „Beamten im Ehrenamt“, ist dagegen die rechtliche Stellung der
sog. Ehrenmitglieder in den Kollegien ⁸). Bei diesem in Württemberg herge-
brachten, rechtlich ganz unklaren Institut ist zu unterscheiden. Wird eine solche Ehren-
mitgliedschaft in Verbindung mit der Pensionirung oder nach derselben ohne Ueber-
tragung eines mit bestimmten Rechten und Pflichten verbundenen Amtskreises verliehen,
so liegt überhaupt kein Amt, auch kein Ehrenamt, sondern nur ein Ehrentitel vor, welcher
allerdings mit der Befugniß verbunden ist, auf besondere Einladung an der Sitzung des
Kollegiums, sei es nun mit bloß begutachtender oder mitzählender Stimme, theilzunehmen.
Dies ist aber nur möglich in solchen Kollegien, in welchen die Zahl der erforderlichen
entscheidenden Stimmen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wie bei gewissen vorherrschend
technischen Kollegien; denn soweit das Gesetz eine bestimmte Zahl durch Amt berufener
Stimmen fordert, können nur diese giltig votiren ⁹). Würde dagegen einem solchen pen-
1) Dahin gehört insbesondere a) das Amt der Mitglieder der Handels- und Gewerbe-
kammern nach dem Ges. v. 4. Juli 1874 Art. 3 u. 14, b) das Amt der Beiräthe der Cen-
tralstelle für die Landwirthschaft; s. d. organ. Best. v. 1. Juli 1886 § 24; c) das Amt
der Mitglieder des Beiraths der Verkehrsanstalten und seines Ausschusses nach der Königl.
V.O. v. 12. März 1881 § 13.
2) Vgl. Laband, I S. 404 f., der übrigens die Fälle der N. 3 von der Beamtenstellung
auszuscheiden keinen Anlaß hat und die freiwillige Annahme eines auf Wahl beruhenden Amts
den Fällen der Ernennung gleichzustellen scheint.
3 Art. 21 des w. Ausf.G. z. G.V.G.
4). Weitere Fälle von „Beamten“ im Ehrenamt sind nach Reichsrecht: Die Wahlkonsuln, die
Beisitzer der Konsulargerichte und der Gerichte in den Schutzgebieten ꝛc.
5) G.V. G. § 116.
6) Laband, II S. 452f.
7) Vgl. § 116 G.V. G. u. Art. 69 ff. des B. G.; das R. G. bestimmt hiernach nur die
zuständige Behörde und die Nothwendigkeit der Anhörung des Betheiligten; für das Verfahren
kommen im Uebrigen die Normen des Disziplinarverfahrens zur Anwendung: Laband a. a. O.
S. 453, v. Wilmowski Levy, Komm. zu § 116 u. 117 des G.V. G.
8) Vgl. Baur in Boscher's Z. B. XXVII S. 185 f. Die Einrichtung ist in keinem Gesetze
geregelt; s. auch St. H. B. v. 1892, S. 113, 193, 297, 306.
9) Dienstentlassung kann hier nicht mehr in Frage kommen, weil kein Amt vorliegt. Wird das
pensionirte Mitglied wegen Altersschwäche oder aus moralischen Gründen unfähig, so kann die Folge
nur sein, daß es thatsächlich vom Vorsitzenden nicht mehr zu den Berathungen hinzugezogen wird.