Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

192 Fünfter Abschnitt: Die Funktionen des Staates. IV. Das Expropriationsrecht. § 58. 
gesetzes auf Grund der Schätzung einer Kommission aus den von den Besitzern dieser Thier- 
gattungen zu erhebenden Jahresbeiträgen, bei andern Thieren aus der Staatskasse, s. u. § 95. 
— Der Rechtsweg findet in diesen Fällen nur statt wegen Versagung des Anspruchs 
auf Entschädigung oder wegen Schmälerung desselben durch Abzüge (vgl. 8 59 des R.G.) ¹); 
6. bei Eingriffen auf Grund der Reblauskrankheit nach den Reichs- 
gesetzen vom 6. März 1875 und 3. Juli 1883 und dem württ. Ausf.G. v. 3. Mai 
1885 (Vollz.Verf. v. 23. Septbr. 1885, insbes. §§ 18 ff.)²). Während die nach dem 
zuerstgenannten Reichsgesetze nöthigenfalls im Rechtswege festzustellende Ersatzleistung aus 
Reichsmitteln bestritten wird, soll dagegen der auf Grund des § 10 Abs. 1 des R. G. 
v. 3. Juli 1883 auf Verlangen zu leistende Ersatz des Werthes der auf landesobrigkeit- 
liche Anordnung vernichteten und des Minderwerths der bei der Untersuchung beschädigten 
gesunden Reben nach Maßgabe des angeführten Landesgesetzes (Art. 1 ff.) von der Staats- 
kasse gewährt werden. Ueber diesen Anspruch auf Entschädigung wie über den Betrag 
der letzteren entscheidet das Ministerium des Innern, nöthigenfalls auf Grund eines 
Schätzungsverfahrens. Gegen die Entscheidung ist die Betretung des Rechtswegs zulässig; 
die Klage muß jedoch bei Verlust des Klagrechts binnen 3 Monaten nach Zustellung der 
Entscheidung bei dem zuständigen Gericht erhoben werden ³). 
7. Nach § 51 der Gew.O. kann die höhere Verwaltungsbehörde wegen über- 
wiegender Nachtheile und Gefahren für das Gemeinwohl die fernere Benutzung einer 
jeden gewerblichen Anlage jederzeit untersagen, vorbehaltlich der einmaligen Ver- 
waltungsbeschwerde nach §§ 20 u. 21 der Gew. O. Wegen der Entschädigung steht der 
Rechtsweg offen. 
8. Werden Privatpersonen bei Brand fällen genöthigt, ihre zum SLösch- oder 
Rettungsdienst verwendbaren Geräthe zur Benützung abzugeben, so steht ihnen im Fall 
der Beschädigung derselben ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Gemeinde zu, 
über welchen nach Art. 34 der Landesfeuerlöschordnung vom 7. Juni 1885 der Civil- 
richter zu entscheiden hat. 
Die Besitzer von Gebäuden und Grundstücken dagegen, welche die im Interesse der 
Lösch- oder Rettungsmaßregeln oder zur Verhütung des weiteren Umsichgreifens des Feuers 
angeordnete Beseitigung von Bäumen, Einfriedigungen und Gebänden zu dulden haben 
oder deren Privatbauten durch die SLöschanstalten beschädigt werden, haben hiefür 
Entschädigung nach Maßgabe der Art. 4, 25— 26 bezw. Art. 45, lit. e. des Ges. 
v. 14. März 1853 aus der Gebäudebrandversicherungskasse zu beanspruchen und es sind 
zur Entscheidung über diese Ansprüche nach Art. 2 Z. 4 des Gesetzes über die Verw.- 
Rechtspflege wiederum die Civilgerichte zuständig ⁴).  
C. Wesentlich verschieden von den unter A und B erörterten Fällen ist die aus- 
nahmsweise zugelassene Enteignung im Interesse von Privatpersonen. 
1. Wenn bei einer Feldbereinigung nach Maßgabe des Ges. v. 30. März 1886 
Art. 4. das Unternehmen ohne Beiziehung der ebendaselbst unter Z. 1—12 aufgeführten, räumlich 
in die Bereinigungsfläche fallenden, gesetzlich aber der Feldbereinigurg nicht unterliegenden Grund- 
stücke, oder wenn bei einer Feldbereinigung im Sinne des Art. 5 das Unternehmen ohne in Anspruch- 
nahme von Grund und Boden nicht betheiligter Personen nicht oder nicht in zweckmäßiger Weise 
ausführbar ist, so kann den Eigenthümern das erforderliche Areal entzogen und für die Gesammtheit 
der Betheiligten erworben werden. Ueber die Nothwendigkeit der Entziehung, wie über die Größe 
 
1) Art. 12 letzter Abs. des Ausf.G. v. 20. März 1881. 
2) Bezüglich der übrigen Ausf. Bestimmungen s. Zeller-Huzel, S. 457; ebendas. auch die 
Nachträge u. Beitritte zur internat. Reblauskonvention v. 3. Nov. 1881 (R.G. Bl. 1882, S. 125). 
3) Vgl. d. Ausf.G. v. 1885 Art. 1—6. 
4) Vgl. Art. 34 der L. F.L.O.
	        
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