§ 59. Das Finanzwesen. 193
der Entschädigung entscheidet die Centralstelle für die Feldbereinigung (s. u. § 95). Gegen die
Entscheidung der letzteren über die Nothwendigkeit der Beiziehung steht dem Grundeigenthümer
nur die Rechtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 13 des Verw. Ger.G. v. 16. Dez.
1876 zu, während gegen die Feststellung der Entschädigungssumme keine Beschwerde sondern nur
die Betretung des Civilrechtsweges gestattet ist ¹).
2. Nach Art. 5 (vol. übrigens Art. 4) und 8 Abs. 1, Art. 50 und 51 des Berg G. vom
7. Oktober 1874 muß der Grundbesitzer das Schürfen auf seinem Grund und Boden, der Bergwerks-
eigenthümer die Anlegung eines Hilfsbaus in seinem Felde gestatten. Nach Art. 126 ist ferner
der Grundbesitzer verpflichtet, sein Grundeigenthum an den Berwerksbesitzer ab zutreten, wenn
für den Betrieb des Bergbaus, und zwar zu den Grubenbauen selbst, zu Halden-, Ablade-, Nieder-
lageplätzen, Wegen, Eisenbahnen, Kanälen, Maschinenanlagen, Wasserläufen, Teichen, Hilfsbauen,
Zechenhäusern und anderen für Betriebszwecke bestimmten Tagegebäuden, Anlagen und Vorrichtungen,
zu den in Art. 48 des Gesetzes bezeichneten Aufbereitungsanstalten sowie zu Soolleitungen und Sool-
behältern die Benutzung eines fremden Grundstücks nothwendig ist. Ausgenommen von dieser Zwangs-
abtretung sind nach Art. 127 Abs. 2 nur der mit Wohn-, Wirthschafts- oder Fabrikgebäuden bebaute
Grund und Boden und die damit in Verbindung stehenden Hofräume und eingefriedigten Gärten.
Im Streitfall entscheidet über die Verpflichtung zur Gestattung der Schürfarbeiten und der Anlegung
eines Hilfsbaus, wie über die Nothwendigkeit der Abtretung, das Oberbergamt. Gegen die Ent-
scheidung des letzteren als erster Verwaltungsrechtsinstanz, sowohl in den Fällen der Art. 5, 8, 50 u.
51 als der Art. 126 und 1331 findet der Rekurs an den Verwaltungsgerichtshof statt. Nur wenn es
sich um die Befreiung von der Pflicht zur Abtretung auf Grund der oben angeführten Bestimmung
des Art. 127 Abs. 2 handelt, ist zur Entscheidung hierüber der Civilrichter zuständig. Derjenige, zu
dessen Gunsten die Beschränkung oder Abtretung verfügt wird, ist zur vollen Entschädigung verpflichtet,
welche im Falle des Streits vorläufig von dem Oberbergamt festgesetzt wird, vorbehaltlich der
Betretung des Civilrechtswegs für beide Theile, Art. 133 f. a. a. O., vgl. m. Art. 141, 142, und
mit dem Ges. v. 16. Dez. 1876 Art. 9 Abs. 2, Art. 12 u. dem Enteign. G. v. 1888 Art. 46 Nr. 2 ²).
Sechster Abschnitt.
Das Hinanzwesen.
§ 59. Einleitung. Die Finanzgewalt, der Fiskus, die
Staatseinnahmen im Allgemeinen. — I. Die Finanzhoheit ist die Staats-
gewalt, soweit sie sich auf dem Gebiete des Finanzwesens äußert. Als Gliedstaat des
Reiches hat Württemberg eine von der Centralgewalt unabhängige selbständige Finanzgewalt.
Die finanziellen Mittel zur Erfüllung der Staatsaufgaben (die Staatseinnahmen) sind
theils solche, welche aus dem eigenen Vermögen des Staates, als privatrechtlicher Persön-
lichkeit fließen, theils solche, welche der Staat kraft seiner Finanzhoheit aus dem Vermögen
des Einzelnen erhebt, wobei wieder unterschieden werden kann zwischen den Steuern und
solchen Leistungen, welche für die Benützung der einzelnen Staatsinstitute erhoben werden.
In beiden Beziehungen ist der Staat als Fiskus das einheitliche Subjekt sämmtlicher
Vermögensrechte. In dieser Eigenschaft steht er mit anderen Rechtssubjekten in privat-
rechtlichem Verkehre, soweit es sich nicht um Ansprüche handelt, welche auf dem Subjektions-
Verhältnisse der Einzelnen zur Staatsgewalt (Finanzgewalt) beruhen.
Bezüglich der dem württemberg. Staatsfiskus zustehenden besonderen Rechte
(sog. privilegia fisci) ist zu unterscheiden.
1) Art. 24 u. 25 des Feldber. G. v. 1886, vgl. mit Art. 4 u. 5.
2) Der weitere Fall — Art. 7 und 8 der BauO. — ist eine auf besonderer gesetzlicher Vor-
schrift beruhende Zwangsenteignung im Sinne von A s. o. S. 190 Nr.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 13