Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 1. Geschichtliche Einleitung. IV. 7 
weigert, den durch die kriegerische Weltlage geforderten Militäraufwand in dem vom Herzog bean- 
spruchten Umfang zu übernehmen und hatte die verlangte Aushebung abgelehnt, unterhielt auch 
durch den engeren Ausschuß einen fortgesetzten Verkehr mit auswärtigen Mächten, während der Herzog 
den Ständen alle Absendungen an fremde Staaten und Kongresse, sowie jede Einmischung in die 
militärische Organisation untersagt, auch die Hilfe des Reichshofraths gegen die Weigerung der 
Stände angerufen und durch Decret vom 17. Dez. 1799 erlangt hatte. Die gegenseitigen Anklagen 
bei dem Reichshofrathe dauerten jedoch fort. Hiedurch und durch das gewaltsame Einschreiten des 
Regenten gegen die widerspenstigen Stände, welche ihre geheime diplomatische Agitation mit Hilfe 
der sog. geheimen Truhe fortsetzten, wurde die Spannung immer größer ¹). Auf eine gütliche Aus- 
gleichung zwischen den Anforderungen des modernen Staates, welche der Kurfürst vertrat, und der 
am hergebrachten Rechte klebenden Auffassung der Stände war, wie die Landtage von 1804 und 1805 
ergaben, nicht mehr zu hoffen. Um den völligen Bruch mit dem alten Rechte herbeizuführen, bedurfte 
es nur eines Anlasses von Außen. Hieran fehlte es aber nicht. 
IV. Schon in dem Allianzvertrage mit Frankreich gegen Oesterreich vom 5. Oktober 1805 
hatte Napoleon dem Kurfürsten Friedrich die Integrität und volle Souveränetät (Souverainété 
pleine et entière) unter dem Versprechen zugesagt, ihn in den Streitigkeiten mit den Ständen des 
Landes zu unterstützen ²). In dem Brünner Vertrag vom 12. Dezember 1805 (s. o. S. 6) war 
die Zusicherung der Souveränetät wiederholt und daneben noch die Königswürde und eine ansehn- 
liche Gebietsvergrößerung von Frankreich zugesichert worden. Demgemäß verlieh dann der Preß- 
burger Friede vom 26. Dezember 1805, indem er in Art. VII die Annahme der Königswürde 
durch den Kurfürsten sanktionirte, in Art. XIV den Königen von Bayern und Württemberg sowohl 
über die durch diesen Friedensvertrag abgetretenen Besitzungen als über ihre alten Lande „la pleni- 
tude de la souverainété et de tous les droits qui en derivent et qui Leurs ont été garantis 
par S. M. L’Empereur des Français etc., ainsi et de la méme manière qu’ en jouissent S. M. 
I´Empereur d’ Allemagne et S. M. le Roi de Prusse sur Leurs états allemands“ ³). 
Der neue König faßte die erlangte volle Souveränetät als volle Unabhängigkeit nach innen 
wie nach außen auf. Am 30. Dez. 1805 eignete er sich die ständischen Kassen und das Archiv 
der Stände gewaltsam an. Den Tag darauf wurden die Städte und Aemter zur unbedingten 
Unterordnung unter die Organe der Regierung und zur Ablieferung der Steuern an dieselben an- 
gewiesen. Am 1. Januar 1806 erfolgte dann die feierliche Annahme der Königswürde. Eine 
förmliche Aufhebung der alten Verfassung fand zwar hiebei nicht statt, wohl aber wurden alle 
Konsequenzen aus dem Umsturz derselben gezogen. Sämmtliche Beamte wurden unter Enthebung 
von ihren bisherigen Dienstpflichten auf den „unbedingten Eid der Treue“ verpflichtet. Der Ge- 
heimerath wurde aufgehoben und ein Staatsministerium „für sämmtliche Staaten“ mit Departe- 
mentsministern an seine Stelle gesetzt. Das Kirchengut wurde mit dem Kammergut vereinigt unter 
Uebernahme aller auf demselben haftenden Verbindlichkeiten für „kirchliche, Lehr-, Schul- oder 
andere gemeinnützige Armenanstalten“. Das Manifest vom 18. März 1806 vollendete die Vereini- 
gung von Alt- und Neu-Württemberg „zu Einem Reich“, indem es das Königreich in 12 Kreise 
theilte. 
 
Vermählung mit einer Prinzessin von Brandenburg-Schwedt (einer Nichte Friedrichs des Großen) 
dem engeren ständischen Ausschuß „in vim pacti“ unter Garantie des Königs von Preußen die 
Versicherung ertheilt, seine Kinder in der evangelisch-lutherischen Religion erziehen zu lassen, wo- 
gegen der engere Ausschuß für sich und seine Nachfolger im Amt unter dieser Bedingung und solange 
die Descendenz evangelisch-lutherisch erzogen werde, sich verpflichtete, den Prinzen und dessen zu er- 
hoffender männlicher Descendenz jährlich 25,000 Gulden aus der Landschaftskasse (neben der auf der 
herzogl. Rentkammer haftenden Apanage) zu bezahlen; vgl. jetzt E. Adam, Die landschaftlichen 
Donativgelder, Anl. 19 zu dem Berichte der staatsrechtl. Komm. d. Abgk. v. 23. Mai 1891, Beil. 
209, 210 der Verh. v. 1889/91 und die dort angeführten Urkunden v. 13. März, 16. Juni, 4. August 
und 3. Sept./15. Dez. 1753. Diese sog. Donativgelder gingen in der Folge auf die männlichen 
Nachkommen des Herzogs Friedrich Eugen über (V.O. v. 7. Febr. 1808, H. G. v. 8. Juni 1828, 
Art. 73; vgl. auch Reyscher in der Zeitschr. f. D. R. B. 13, S. 414 ff. und den angef. Bericht § 3). 
— Seit Herzog Friedrich II. (König Friedrich I.) fielen auch die Religionsreversalien aus der her- 
kömmlichen Bestätigung der Landesverfassung durch den neuen Regenten wieder hinweg, da derselbe 
den Bedenken des Ausschusses gegenüber eine künftige neue Religionsveränderung „unter die ganz 
nicht zu erwartenden Fälle“ glaubte rechnen zu dürfen (s. nun aber unten § 8). 
1) Ueber diese Streitigkeiten vgl. Reyscher in Weiske's R. L. Bd. XV S. 91ff. und 
Wilh. Lang in den Preuß. Jahrbüchern 1883. 
2) Vgl. Reyscher a. a. O. S. 94 und in den publ. Vers. S. 5 und 6. 
3) Vgl. auch v. Schloßberger in Nr. 12 der besondern Beil. z. W. St. A. v. 1888.
	        
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