198 Sechster Abschnitt: Das Finanzwesen. § 62.
5. Das Steuerkapital nach dem Grund- und Gebäudekataster bleibt so, wie es einmal an-
gesetzt ist, maßgebend für die Steuer des ganzen Jahres. Wer dagegen ein der Gewerbesteuer
unterworfenes Geschäft anfängt, hat dasselbe von dem auf den Beginn des Betriebs folgenden
Quartal an zu versteuern; wer ein solches Geschäft aufgibt, hat die Steuer nur bis zum Schlusse
des Quartals zu entrichten, in welchem die Einstellung bei dem Ortsvorsteher angemeldet wurde.
6. Die ordentliche Richtigstellung sämmtlicher drei Kataster erfolgt alljährlich mit
Beginn des Steuerjahres. Eine außerordentliche Berichtigung (auf Anordnung des Finanz-
ministeriums) ist für das Gebäudekataster vorbehalten, wenn durch äußere Verhältnisse in einem
Steuerdistrikte der Werth sämmtlicher Gebäude oder eines Theils derselben um mindestens 20 Pro-
zent sich erhöht oder vermindert hat.
7. Der Gesammtbetrag der zu entrichtenden Steuer jeder Gattung (Nr. 1—3) wird für
jede Etatsperiode durch das Finanzgesetz bestimmt (a. a. O. Art. 10). Seit dem Finanzgesetze vom
14. Juni 1887 (vgl. auch die Verf. d. Kat. Kommiss. v. 18. Juni 1887) ist (nach einer vorübergehenden
Herabsetzung auf 3,5 %) die Steuer auf 3,9% des Steueranschlags der Grundstücke und Gefälle,
bezw. der steuerbaren Rente der Gebäude und des steuerbaren Betrages des Gewerbeeinkommens dem
Jahre nach festgesetzt. Alle diese Steuern werden jetzt, die Gebäude- und Gewerbesteuer seit 1. Juli
1877, die Grund- und Gefällsteuer seit 1. April 1887 auf Grund der neuen Kataster erhoben ¹).
8. Für die Erhebung der Grund-, -Gebäude und Gewerbesteuer gelten auch fernerhin die
an das altwürttembergische Verf. R. anknüpfenden Bestimmungen der §§ 115—118 der V. U.
Hiernach werden diese Steuern vom Staate nicht unmittelbar bei den Steuerpflichtigen eingezogen,
sondern auf die Amtskörperschaften ausgeschrieben und von letzteren auf die einzelnen Gemeinden
vertheilt. Nur ist jetzt, da diese Steuern zu Quotitätssteuern geworden sind, für eine Repartition
einer im Finanzgesetz vorher fixirten Summe kein Raum mehr; der im Etat ausgenommene Betrag
hat vielmehr blos die Bedeutung eines approximativen Ueberschlags auf Grund der neuen Kataster ²).
Die Gemeindebehörden berechnen dann auf Grund der Ortskataster die Steuerbeträge der einzelnen
Steuerpflichtigen ³) und bringen auf ihre Kosten und Gefahr den Schuldbetrag zum Einzug. Die
Steuer jedes Einzelnen ist in den ersten 8 Tagen jeden Monats mit 1⁄12 des Jahresbetrags fällig.
Die Gemeinde hat ihre gesammte Steuerschuld an die Amtspflege und diese an die Staatskasse
abzuliefern ⁴) (nur die Steuern von Wandergewerben und Musterreisenden machen nach
Art. 99 und 100 des angeführten Gesetzes vom 28. April 1873 eine Ausnahme, indem der Einzug
derselben durch die Königl. Kameralämter als Bezirkssteuerämter, also auf Kosten des Staates
erfolgt). Die Gemeinden haften hiernach der Amtskorporation und die Amtskorporationen dem
Staate für die richtige, kostenfreie und rechtzeitige Ablieferung der auf sie ausgeschriebenen Steuer-
beträge.
Uebrigens werden vom Staate Nachlässe wegen Gewitter- und Ueberschwemmungsschäden,
sowie wegen nachträglich entdeckter Fehler im Kataster bezw. wegen Aenderungen desselben nach
Maßgabe des Art. 11 des angef. Ges. (V.U. § 117) gewährt und an der Steuerschuld der
Gemeinden und Amtskörperschaften abgeschrieben ⁵).
B. Die Einkommenssteuer d. h. die Ertragssteuer aus Kapitalien und Renten,
Dienst- und Berufseinkommen. Diese Steuer beruht dermalen ⁶) auf dem Gesetze vom
19. September 1852 und den Novellen vom 20. August 1861, 30. März 1872, 24. Juni 1875
und 13. Juni 1883, 31. März 1887, 4. März 1888, Art. 32 u. v. 23. Mai 1890 ⁷).
Ein Abzug der Schulden findet hier so wenig als bei der Grund-, Gebäude- und Gewerbe-
steuer statt.
1. Gegenstand dieser Steuer sind:
a) die auf dem Königl. Kammergute haftenden Bezüge der Mitglieder des Königl.
Hauses an Apanagen, Sustentationen, Nadelgeldern und Wittumen;
1) Vgl. auch Riecke, Verf. S. 315 ff. u. das Finanzges. v. 17. Juni 1893, Art. 3 mit dem
Finanzges. v. 14. Juni 1887 Art. 3.
2) Vgl. auch Riecke a. a. O. S. 330 f.
3) Der Steuersatz oder die Fortführung der neu hergestellten Steuerkataster erfolgt jetzt nach
den für die einzelnen Kataster bestehenden besonderen Vorschriften (Art. 70 ff., 80 ff. und 98 des
Ges. v. 1873 und die Beil. Nr. 122—129 zu Fleischhauer, Gemeindeverw. S. 52).
4) §§ 115 u. 116 der V. U. u. Art. 11 des Ges. v. 28. April 1873.
5) Vgl. auch die Min. Verf. v. 11. Sept. 1825 u. die Verf. der Kat. Komm. v. 12. April 1890.
6) Ueber die Geschichte dieser Steuer s. Riecke, württemberg. Jahrb. 1879 S. 71 ff.
Verf. ꝛc. S. 332.
7) Vgl. auch das Ges. v. 28. April 1873 Art. 1 u. 2.