§67. Die Rechnungskontrolle. 209
waltung auch auf die Aktivausstände (Steuerreste ꝛc.) Materialvorräthe und Kassenbestände,
andererseits auf die Zahlungsrückstände und Restvorbehalte früherer Finanzjahre erstreckt,
während der Hauptfinanzetat und die Spezialetats nur die Einnahmen und Ausgaben
der künftigen Finanzperiode berücksichtigen, das Restvermögen aber ganz außer Rechnung
lassen, soweit nicht etwa ein Theil der laufenden Staatsausgaben durch die Ueberschüsse
des Restvermögens gedeckt wird. (S. o. S. 86 f.)
Die nächste Bestimmung des aktiven Restvermögens ist, daß dasselbe das Be-
triebskapital für den Staatshaushalt liefert ¹); das Vorhandensein
des letzteren hat der Finanzminister am Ende der Finanzperiode den Ständen nach-
zuweisen ²).
Ueber die Verwaltung und Verrechnung des Grundstocksvermögens
s. oben S. 82; mit der Restverwaltung hat diese Verwaltung nur das gemein, daß
dieselbe außerhalb des Etats sich bewegt.
IV. Die Rechnungskontrolle.
§ 67. Eine von der Verwaltung unabhängige Kontrolle des gesammten Staats-
rechnungswesens durch einen mit verfassungsmäßiger Garantie richterlicher Unabhängigkeit
ausgestatteten Rechnungshof kennt das württemberg. Recht nicht ³). Die Kontrolle des
Staatsrechnungswesens findet vielmehr einerseits durch die hiefür bestellten Verwaltungs-
organe, andererseits durch die Ständeversammlung statt, so daß beide Thätigkeiten
parallel gehen.
I. Das Rechnungs- und Kassenwesen der Staatsbehörden ist
in Württemberg durch eine große Anzahl hier nicht näher zu erörternder Verwaltungs-
vorschriften in's Einzelnste geregelt ⁴).
Hier ist nur Folgendes hervorzuheben:
1. Die Rechnungen unmfassen in der Regel eine Etatsperiode. (Das Rechnungsjahr
beginnt jetzt wie im Reiche mit dem 1. April.) Dieselben enthalten nicht bloß die Nachweise über
den Vollzug des laufenden Etats, sondern auch über dasjenige, was aus früheren Etats-
perioden jetzt erst eingenommen oder geleistet wurde (Restverwaltung), sowie über Grund-
stocks veränderungen. Der Darstellung des „Soll“ d. h. der dem Rechner durch den Etat
1) Bis 1833 diente die ganze Restverwaltung als Betriebskapital; auf dem Landtage von
1833 wurde erstmals ein eigenes Betriebskapital (damals von 1500 000 fl.) aus der Restverwaltung
ausgeschieden. Durch das neueste Fin.G. v. 17. Juni 1893 Art. 5—8 wird das „einen Bestandtheil
der Restverwaltung" bildende Betriebs- und Vorrathskapital der Staatshauptkasse auf 7000000 M.
festgesetzt. Neben diesen 7 Millionen wurde die Regierung ermächtigt, zur Verstärkung des Betriebs-
kapitals in der Finanzperiode (1893/95) nach Bedarf Schatzanweisungen, jedoch nicht über 4 Mil-
lionen auszugeben.
2) Ueber das Vermögen der Restverwaltung und dessen seitherige Verwendung s. außer
Mohl a. a. O. Riecke, Verf. S. 411 ff. und in dem Bericht der Fin. Komm. d. Kammer der
Standesh. v. 21. März 1891 S. 8ff. 12f. Daß von 1855—1876 die Ueberschüsse der Restver-
waltung eine Höhe von ca. 70 Mill. M. und seitdem wieder viele Millionen erreicht haben, ist
übrigens nicht ein Beweis einer besonders guten Finanzverwaltung und Kontrolle, denn diese Ueber-
schüsse waren eine Folge zu hoch berechneter oder ganz weggefallener Ausgaben, zu nieder berech-
neter oder außerordentlicher Einnahmen, zu viel erhobener Steuern, s. o. S. 87.
3) Denn die Oberrechnungskammer ist eine dem Fin. Min. untergeordnete Verwaltungsmittel-
stelle (§ 68 B. V); anders z. B. in Preußen nach Art. 104 der preuß. V. U. und dem V. G. v.
27. März 1872, in Baden und anderen Staaten; vgl. auch Laband, R. St. R. I S. 384 ff. 472,
495, II S. 1021 ff. und über diese Lücke des württemberg. V. R. insbesondere den Bericht der Fin.-
Komm. der K. d. St. H. über den Rechnungsabschl. 1879/81 in den Verh. v. 1883 1. B. S. 49f.,
sowie den Bericht ders. Kommiss. vom 21. März 1891 S. 1—4. (Verf. beider Berichte: Riecke.)
4) Vgl. hierüber B. XVIII der Reyscher'schen Gesetzsamml. (herausg. v. Moser) und
die Litteratur bei Mohl, II S. 884, dazu Clement, das württemberg. Rechnungswesen, 2. Aufl.
1878 und Mohl, II §§ 306—308; Widenmeyer, das Etats- u. Kassenwesen, 1885 mit Supp-
lement 1886.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 14