226 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 72.
eine Person ist, gegen welche wegen erlittener Bestrafung die Ausweisung aus der Ge-
meinde verfügt werden kann ¹).
Für die Ertheilung des Bürgerrechts ist in den Fällen unter α) eine Gebühr
von 10 M., welche durch Ortsstatut bis auf 5 M. ermäßigt werden kann, in allen
übrigen Fällen eine Gebühr von 10—50 M. an die Gemeindekasse zu entrichten.
Dazu kommt dann für Diejenigen, welche die Berechtigung zur Theilnahme an den per-
sönlichen Gemeindenutzungen bezw. an den Stiftungen und ähnlichen Vermögensvortheilen
(s. o. S. 223f.) erwerben wollen, die Bezahlung eines sog. Einstandsgelds, dessen
Höhe durch Ortsstatut bestimmt wird und bei den persönlichen Gemeindenutzungen nicht
weniger als das Zweifache und nicht mehr als das Fünffache des durchschnittlichen reinen
Jahreswerthes der Nutzungsberechtigung zur Zeit der Erlassung des Statuts betragen
darf, während dasselbe in Beziehung auf den Genuß von Stiftungen ꝛc. im Berhältniß
zum Werthe dieser Vortheile stehen muß und den Betrag von 100 M. nicht über-
steigen darf ²).
4. Durch die Anstellung als Ortsvorsteher ; und zwar wird hierdurch
das Bürgerrecht gebührenfrei in der betreffenden Gemeinde erworben. Durch Ortsstatut
kann dies auch auf die Anstellung anderer Gemeindebeamten und Bediensteten ausgedehnt
werden, sofern diese das württ. Staatsbürgerrecht besitzen ³).
5. Das Ehren bürgerrecht kann — aber immer nur mit Zustimmung des
Bürgerausschusses, — als Anerkennung an Männer verliehen werden, welche sich
besonders verdient gemacht haben.
B. Das Erlöschen des Gemeindebürgerrechts tritt ein:
1. mit dem Verluste der württ. Staatsangehörigkeit;
2. durch Verzicht, sofern der Verzichtende das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat
und nicht im Gemeindebezirk wohnt. Behält er seinen Wohnsitz in der Gemeinde, so
kann sowohl der Gemeinderath als das Bezirksamt gegen den Verzicht aus Gründen des
öffentlichen Wohls Einsprache erheben und der Verzicht tritt erst in Wirksamkeit, wenn
binnen eines Jahrs nach demselben eine solche Einsprache nicht erhoben worden ist. —
Außerdem ist der Verzicht eines Gemeindebeamten unwirksam, solange der letztere auf
Grund gesetzlicher Verpflichtung sein Amt bekleidet ⁴);
3. durch Nichtbezahlung der Rekognitionsgebühr. Letztere hat nämlich
jeder nicht in der Gemeinde wohnende Gemeindebürger — männlichen wie weiblichen
Geschlechts — vom zurückgelegten 25. Lebensjahre an ⁵) in derselben Höhe wie die von
jedem selbständig auf eigene Rechnung lebenden Gemeindeeinwohner zu bezahlende Wohn-
steuer (s. u.) bezw. wie der gesetzliche Höchstbetrag derselben zu entrichten ⁶). Ist diese
Gebühr, ungeachtet drei Monate zuvor erfolgter Mahnung, nach Ablauf dieser drei Monate
und Ablauf des Rechnungsjahrs noch nicht bezahlt, so ist das Bürgerrecht verwirkt ⁷)
1) A. a. O. Art. 5—8, 57.
2) A. a. O. Art. 9, 23—26, 33.
3) A. a. O. Art. 10.
4) A. a. O. Art. 36, 37, 15. Im Fall des Verzichts wie im Fall der Nr. 3 (oben) ist die
Voraussetzung des früheren Rechts, daß der Verzichtende noch ein Bürgerrecht in einer andern Ge-
meinde besitze, hinweggefallen; s. o. S. 225 zu N. 1.
5) Auch wenn er nicht selbständig ist, wie z. B. eine unverheirathete Tochter; vgl. Art. 34
mit Art. 3 ⁴; anders bei der Wohnstener nach Art. 55 a. a. O.
6) Und zwar im doppelten Betrag, wenn u. solang in der Gemeinde persönliche Gemeinde-
nutzungen gewährt werden, auch dann, wenn er nach Art. 24 das Recht auf Gemeindenutzungen gar
nicht erworben hat oder nach Art. 22 ¹ gar nicht erlangen kann, wie selbständige alleinstehende
Frauen, oder dasselbe durch Wegzug verloren hat, wie die Wittwe. So hart dies ist, so folgt es
doch aus dem Wortlaut des Ges. wie aus den Mot. z. Art. 38; s. auch Doll a. a. O. S. 65, 691.
7) A. a. O. Art. 36 Z. 3, 38, vgl. m. Art. 34; der Verlust des Bürgerrechtes schließt jedoch