Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

230 Siebenter Abschnitt: Die Selbstverwaltung und ihre Organe. I. Die Gemeinden. § 73. 
find; 3. wenn in einer Gemeinde II. oder III. Klasse einem Mitglied des Gemeinderaths oder 
Bürgerausschusses eine einmalige Belohnung aus der Gemeindekasse gewährt wird; 4. wenn in 
Gemeinden II. oder III. Klasse die Hauptsumme des Etats durch unvorhergesehene Ausgaben derart 
überschritten wird, daß eine neue oder erhöhte Umlage nöthig wird; 5. bei Veräußerung von 
unbeweglichem Vermögen oder Immobiliarrechten der Gemeinde, wenn der Werth des 
Veräußerten und zwar in der Stadt Stuttgart 30.000 M., in den andern Stadtgemeinden von mehr 
als  10.000 Einwohnern  10.000 M., in den übrigen Gemeinden I. Klasse 5000 M. ¹), in den Ge- 
meinden II. Klasse 2.000 M., in den Gemeinden III. Klasse 1.000 M. übersteigt; 6. bei Kapi- 
talaufnahmen, durch welche der Schuldenbestand der Gemeinde vermehrt wird ²), bei der 
Feststellung der Schuldentilgungspläne und bei jeder Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den 
Inhaber; 7. bei der Verwendung eines zum Grundstock gehörigen Aktivkapitals oder des 
Erlöses aus veräußerten sonstigen Bestandtheilen des Grundstocksvermögens zur Bestreitung von 
Ausgaben der laufenden Verwaltung; 8. bei der Belastung der Gemeinde durch Uebernahme 
neuer bleibender Verbindlichkeiten, insbesondere von Haftverbindlichkeiten für 
Sparkassen oder gewerbliche Unternehmungen; in den Stadtgemeinden von mehr als  10.000 Ein- 
wohnern übrigens nur bei Uebernahme dauernder Haftverbindlichkeiten ³); 9. bei der Verthei- 
lung von Vermögenstheilen der Gemeinden, insbesondere von Einnahmeüberschüssen unter die 
Gemeindeangehörigen; 10. bei der Feststellung von Gebühren für die Benützung von Gemeinde- 
anstalten, wenn diese den Betheiligten zur Zwangspflicht gemacht ist, sowie bei der Einführung und 
Erhöhung von Markt- und Meßgebühren, Brücken- und Pflastergeldern ⁴). 
Zuständig für Ertheilung der Genehmigung ist in den Fällen der Z. 1, 2, 5—8 
und 10 die Kreisregierung, in den Fällen der Z. 3, 4 und 9 das Oberamt. 
2. Zusammensetzung. Der Gemeinderath besteht: 
a) regelmäßig (s. dagegen b) je nach der Größe der Gemeinde aus 5 bis 
24 Mitgliedern ohne Einrechnung des Vorstandes. Eine Abänderung der Zahl (durch 
Beschluß des Gemeinderaths und Bürgerausschusses) bedarf der Genehmigung der Kreis- 
regierung ⁵). 
Die Mitglieder werden auf sechs Jahre gewählt; je nach zwei Jahren tritt ein 
Dritttheil aus und wird durch eine neue Wahl ersetzt, wobei die Austretenden wieder 
gewählt werden können. Wird in der Zwischenzeit eine Stelle erledigt, so bleibt sie bis 
zum nächsten ordentlichen Wahltage offen, so lange nicht die Zahl der Gemeinderaths- 
mitglieder unter die Hälfte der Normalzahl bezw. (ohne den Ortsvorstand) auf weniger 
als vier herabsinkt, oder der Gemeinderath und Bürgerausschuß aus anderen Gründen 
eine Wiederbesetzung vor dem ordentlichen Wahltage für nöthig halten. Die neue Wahl 
gilt nur für den noch übrigen Theil der Amtszeit der ausgeschiedenen Mitglieder, auch 
wenn die Ergänzung auf den ordentlichen Wahltag verschoben wird ⁶). 
Die ordentlichen Wahlen für den Gemeinderath sind im Monat Dezember an einem 
in jeder Gemeinde im voraus bleibend festgesetzten Tage, welcher mindestens acht Tage zuvor 
mit Bestimmung des Zeitpunkts der Eröffnung und des Schlusses der Wahlhandlung in 
der Gemeinde öffentlich bekannt zu machen ist. ⁷). 
Das Wahlrecht haben alle männlichen Gemeindebürger, einschließlich der Ehren- 
bürger, welche im Gemeindebezirk wohnen, das 25. Lebensjahr ⁸) zurückgelegt haben und 
 
1) G. V.N. v. 1891 Art. 25 vgl. m. Art. 15 Z. 5. 
2) Mit der in 3. 6 des Art. 15 enthaltenen Beschränkung. 
3) Art. 25 a. a. O. 
4) Vgl. auch zu Z. 1—10 Fleischhauer a. a. O. 
5) Ges. v. 6. Juli 1849 Art. 5. 
6) Ges. v. 6. Juli 1849 Art. 6 Abs. 1 u. 5. Ueber die Berechnung der Amtsdauer, ins- 
besondere den Zeitpunkt des Austritts der bisherigen und des Eintritts der neugewählten Gemeinde- 
räthe vgl. A. Bl. d. M. d. J. 1884 S. 409 u. Boscher's Z. B. 31 S. 95, B. 32 S. 221f. 
7) S. d. angef. Ges. Art. 9. 
8) Dispensation findet nicht statt; s. auch Boscher's Z. 1890 S. 88 III.
	        
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