Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

12 Zweiter Abschnitt: Der württembergische Staat und seine Stellung zum Reich. § 2. 
Von den seit 1866 erlassenen, eine prinzipielle Abänderung der Verfassung enthaltenden Ge- 
setzen sind folgende hier hervorzuheben: 
1. Die Verfassungsgesetze A. und B. vom 26. März 1868 und die Novelle 
zu diesen beiden Gesetzen vom 16. Juni 1882, durch welche die Vorschriften des IX. Kapitels der 
V. U. über die Wahlen der Abgeordneten der zweiten Kammer theils abgeändert, theils aufgehoben 
wurden; (s. hierüber §§ 25 ff.). 
2. Das Verfassungsgesetz vom 23. Juni 1874, welches die übrigen Vorschriften 
des IX. Kapitels der V. U. mit Ausnahme der auf die Zusammensetzung der Ständeversammlung 
bezüglichen, modifizirte. 
3. Das Verf.-Gesetz vom 1. Juli 1876, betreffend die Bildung eines Staats- 
ministeriums. 
4. Eine Reihe von Gesetzen, welche einzelne Bestimmungen des Verfassungsrechts 
modifiziren : so das Gesetz vom 16. Dezember 1876 über die Verwaltungsrechtspflege (Art. 78), 
das Beamtengesetz vom 28. Juni 1876 und das Gesetz, betr. die Rechtsverhältnisse der Volksschul- 
lehrer vom 30. Dezember 1877, das Gesetz über die Kompetenzkonflikte vom 25. August 1879, das 
Gesetz über die Aufhebung des Lehensverbands v. 8. Oktober 1874 u. s. w. 
Die wesentliche Umgestaltung, welche der öffentliche Rechtszustand des Landes durch die Auf- 
richtung des Deutschen Reichs, insbesondere durch die Reichsverfassung erfahren hat, kann nur 
auf dem Boden des Reichsstaatsrechts entwickelt werden. Die Einführung der R. V. erfolgte auf 
Grund des zwischen Württemberg einerseits und dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen anderer- 
seits am 25. November 1870 in Berlin abgeschlossenen Vertrags über den Beitritt Württembergs zu 
der zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen durch Vertrag d. d. Versailles, den 
15. November 1870 vereinbarten Verfassung nach Maßgabe der in dem Protokolle vom 25. November 
1870 enthaltenen Erläuterungen und in Verbindung mit der Militärkonvention zwischen dem Nord- 
deutschen Bunde und Württemberg vom 21./25. November 1870. Am 19. Dezember wurden diese Ver- 
träge, nachdem zuvor, am 22. Oktober, die bisherige Ständeversammlung aufgelöst worden war, der neu 
gewählten Ständeversammlung vorgelegt, welche dieselben am 20. bezw. 22. Dezember mit der für 
Verfassungsänderungen erforderlichen Majorität von mehr als ⅔ der Stimmen in jeder Kammer 
annahm ¹). Von beiden Kammern wurde hiebei der Regierung gegenüber die Voraussetzung aus- 
gesprochen, „daß das Ministerium für die den Vertretern Württembergs im Bundesrathe zu er- 
theilenden Instruktionen, bezw. für deren amtliche Thätigkeit in Gemäßheit der §§ 51 und 52 der 
Verfassung und der damit im Zusammenhang stehenden weiteren Bestimmungen verantwortlich sei.“ 
Durch Kön. V.O. vom 30. Dezember 1870 wurde dann die Reichsverfassung mit den über die Er- 
richtung des Reichs und den Beitritt der süddeutschen Staaten abgeschlossenen Verträgen und mit 
den hiernach in Württemberg eingeführten Bundesgesetzen im Regierungsblatt publizirt. 
 
Zweiter Abschnitt. 
Die staatsrechtliche Ntur des Königreichs und seine Stellung als Glied 
des deutschen Reichs. 
§ 2. I. Das Königreich Württemberg ist eine durch eine ständische Verfassung 
beschränkte sog. konstitutionelle Monarchie ²). Subjekt der Staatsgewalt ist der Staat selbst 
als die rechtliche Ordnung des in Württemberg lebenden Theils des deutschen Volks. 
Der König ist dagegen der alleinige Träger dieser Staatsgewalt; er ist, wie die W. V. U. 
§ 4 sich ausdrückt: „das Haupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staats- 
 
1) Die Annahme der Verträge erfolgte in der Kammer der Abgeordneten mit einer Mehrheit 
von 74 gegen 14, in der Kammer der Standesherren mit einer Mehrheit von 26 gegen 3 Stimmen. 
Vgl. auch Laband, 1 S. 33f., 36f. Bitzer a. a. O. S. 390 ff. u. die Prot. der K. d. A. von 
1870/71. B. 1 S. 2, 8, 19—72 ff., der K. d. St. H. B. 1 S. 12 ff. 
2) S. auch Seydel in Hirths Annalen 1887, S. 238f.
	        
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