§ 74. Der Gemeindehaushalt. 251
In zusammengesetzten Gemeinden gebührt der Antheil an der Kapital- und
Einkommensteuer der Gesammtgemeinde; soweit sie ihn nicht in Anspruch nimmt, darf
die Theilgemeinde ihn in dem Maße erheben, in welchem ihre örtliche Gemeindeschadens-
umlage sie zu einem solchen Bezuge berechtigt ¹).
Hat einen Steuerpflichtiger in mehreren inländischen Gemeinden seinen Wohnsitz, so
theilen sich diese zu gleichen Theilen in das Besteuerungsrecht ²).
γ. Oertliche Verbrauchsabgaben. In solchen Gemeinden, in welchen das
bisher durch Gemeindeschadensumlage (α) gedeckte Defizit des Gemeindehaushaltes größer
ist als der Betrag der in derselben Gemeinde erhobenen direkten Staatssteuer von Grund-
eigenthum, Gebäuden und Gewerben dürfen nach dem Gesetze (B) vom 23. Juli 1877 und
dem Gesetz v. 25. März 1887 — jedoch nur auf Grund besonderer Königl. Verordnung und
unter Genehmigung des Betrages — örtliche Verbrauchsabgaben von Bier, Fleisch
und Gas erhoben werden. Mit Hilfe solcher Verbrauchsabgaben darf jedoch die Ge-
meindesteuer von Grundeigenthum u. s. w. keinenfalls unter den hälftigen Betrag der
Staatssteuer von denselben Objekten herabgedrückt werden. Der höchste Betrag für die
Abgabe von Fleisch ist auf 6 Mark für 100 Kilogramm, für Bier auf 65 Pfg. für
100 Liter, für Gas auf 4 Pfg. für den Kubikmeter bestimmt. Die Verbrauchsabgabe
von Bier wird, soweit möglich, mittelst eines Zuschlags zur Malzsteuer von dem in der
Gemeinde erzeugten und zur Uebergangssteuer von dem aus anderen Staaten eingeführten
Bier aufgebracht. Die Vollmacht zur Erhebung dieser Abgaben ist vorerst nur bis zum
31. März 1897 gegeben.
δ. Der Gemeinde-Zuschlag zu der staatlichen Liegenschaftsaccise (s. o.
S. 201). Die Erhebung eines solchen kann denjenigen Gemeinden, in welchen die durch
Umlagen auf Grundeigenthum, Gebäude und Gewerbe aufzubringenden Mittel den Betrag
der Staatssteuer übersteigen, auf Grund eines Beschlusses der bürgerlichen Kollegien
durch das Ministerium des Innern im Benehmen mit dem Finanzministerium für eine
bestimmte Zeitdauer, jedoch nicht über den 31. März 1897 hinaus, gestattet werden. Der
Höchstbetrag dieses örtlichen Zuschlags beträgt 80 Pfg. von je 100 Mk. des der staatlichen
Accise unterliegenden Kaufpreises, oder des Werthes der denselben vertretenden Gegen-
leistung; er findet nur statt, soweit die Vertragsgegenstände im Gemeindebezirke gelegen
sind. Die Zuschläge werden mit der staatlichen Liegenschaftsaccise durch die Staatssteuer-
behörden angesetzt und eingezogen. Hierfür haben die Gemeinden an die Staatskassen
eine Vergütung zu leisten ³).
ε. Der Gemeindezuschlag zur Hundeabgabe (s. o. S. 202). Den Gemeinden kann
von dem Ministerium des Innern und der Finanzen die Erlaubniß ertheilt werden, einen
Zuschlag zur Hundeabgabe, welcher den Betrag von 12 Mk. für den Hund nicht über-
steigen darf, zu Gunsten der Ortsarmenkasse zu erheben — jedoch nicht über den 31. März
1897 hinaus. Der Zuschlag kann für den ganzen Gemeindebezirk gleichmäßig oder mit
Ausschluß der Hunde der zu einer Gemeinde gehörigen Weiler, Höfe und einzelstehenden
v. 5. Okt. 1858. Der Staat erhebt dermalen vom Renten- und Berufseinkommen 4,8% , so daß
die Gesammtbelastung dieser Steuerobjekte sich auf 5,8% des Jahresertrages beläuft.
1) Ges. v. 17. Sept. 1853 Art. 12 Abf. 1.
2) Art. 3 des Ges. v. 5. Juni 1853 u. E. des Verw. G. im A. Bl. d. Min. d. Inn. 1887
S. 203 vgl. m. 1880 S. 238 f. Die außerhalb Landes Exterritorialität genießenden württemberg.
Gesandten ꝛc. haben die Steuer an diejenige inländische Gemeinde zu bezahlen, in welcher sie ihren
Wohnsitz im rechtlichen Sinne haben.
3) Das Nähere s. in dem Ges. v. 14. April 1893; vgl. auch die beiden Erl. des Min. d.
Inn. u. des Steuerkoll. v. 28. April 1893 A.Bl. d. Min. d. Inn. S. 105.