877. Die Organe der Amtskörperschaften. 259
einzelnen Gemeinde gebunden, den Fall ausgenommen, wenn es sich um ein Recht der
Gemeinde gegenüber dem ganzen Oberamt handelt und sie hierbei als Bevollmächtigte
der ersteren erscheinen. Sie beziehen keinen festen Gehalt, sondern nur die gesetzlichen
Entschädigungsgelder für die Dauer der Amtsversammlung und zwar aus der Amis-
pflegekasse ).
Zur Führung des Protokolls in der Amtsversammlung und im Ausschuß und
zur Besorgung der Registraturgeschäfte ist ein Schriftführer mit festem Gehalt 5 bestellt,
welcher auf die Dauer von drei Jahren in der Regel aus der Mitte der Amtsversamm-
lung selbst gewählt wird, und diese Stelle auch nach Ablauf der Wahlperiode der Amts-
versammlung bis zum Zusammentritt der neugewählten zu versehen hat ).
Die Amtsversammlung hat die ökonomischen Angelegenheiten der Korporation zu
besorgen, über Alles, was sowohl den innern Verband derselben, als ihre Verhältnisse
gegen Einzelne und andere Korporationen betrifft, zu berathen und zu beschließen),
und zwar in Beziehung auf sämmtliche in § 76 erörterte Aufgaben der Amtskörper-
schaft, soweit nicht einzelne Funktionen dem Ausschusse, bezw. dem Amtspfleger über-
tragen sind. Eine politische Vertretung der Amtsangehörigen gegenüber der Staats-
regierung, insbesondere gegenüber dem Bezirksbeamten bildet sie aber nicht; im Gegen-
theil ist es der Regierung und den Ständen in 8 125 der V. U. untersagt, Angelegen-
heiten, welche vor die gesammten Stände gehören, an die Amtskorporationen zu bringen
oder Erklärungen derselben hierüber einzufordern. Dagegen kann die Amtsversammlung
Wünsche und Beschwerden jeder Art bei den zuständigen Staatsstellen anbringen; auch
hat sie den Oberamtmann bei wichtigeren Polizeianstalten oder sonstigen Anordnungen
auf Erfordern mit Rath und That zu unterstützen und durch gemeinsame Anordnungen
die Vollziehung der Gesetze in den einzelnen Gemeinden zu sichern .
Die Amtsversammlung kann nur auf Einberufung durch den Vorsitzenden (s. o.)
zusammentreten, und kann nur in versammelter Sitzung berathen und beschließen. Zur
Beschlußfassung ist die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der stimmberechtigten Mit-
glieder neben dem Oberamtmann oder seinem Stellvertreter erforderlich. Die nach der
bestehenden Reihenfolge (s. o.) von der Stimmberechtigung ausgeschlossenen Mitglieder
können an den Verhandlungen mit berathender Stimme theilnehmen (s. o.)5). Der Aus-
schluß von der Berathung und Beschlußfassung tritt ein, soweit der Gegenstand der Ver-
handlung die persönlichen Rechte oder Interessen eines Mitgliedes oder seiner Verwandten
oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade der Seitenlinie berührt?).
Die Verhandlungen und Abstimmungen sind öffentlich, soweit nicht im einzelnen
Fall mit Rücksicht auf das allgemeine Wohl, auf die Interessen der Amtskörperschaft
oder einzelner Gemeinden des Bezirks oder auf berechtigte Interessen einzelner Personen
durch einen in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß die Oeffentlichkeit ausgeschlossen
wird. Die Beschlüsse werden mit absoluter Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt.
Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden, welchem im Uebrigen
kein Stimmrecht 3) zukommt. Nur bei den Wahlen — (welche ordentlicher Weise mittels
1) Vgl. Verw. Ed. § 76 u. die Königl. V.O. v. 22. Februar 1841 u. 14. Juni 1875.
2) Dieser wird von der Amtsversammlung bestimmt; s. hierüber die Min.V. v. 2. Juni
1875. (Fleischhauer, Beil. Nr. 26 b.)
3) Art. 36 der Verw.Nov.
4) Verw. Ed. § 87.
5) A. a. O.
6) Und haben dann in gleicher Weise wie die stimmberechtigten Mitglieder Anspruch auf
Taggelder u. Reisekostenentschädigung.
7) Art. 37 der Verw. Nov.
8) Auch nicht bei Wahlen.
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