Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

266 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. I. Die Verwaltung der Rechtspflege. 8 80. 
3. die Invalidenstrafanstalt auf Hohenasperg für männliche Strafgefangene 
der höheren Strafanstalten, gegen welche wegen Arbeitsunfähigkeit oder geistiger Defekte die 
Hausordnung nicht durchführbar erscheint. 
J. Dem Justizministerium ist endlich unmittelbar untergeordnet die Anstalt für das 
Regierungsblatt (Gesetzesblatt), welches unter seiner Leitung redigirt wird und eine 
besondere Kassenverwaltung hat1); ebenso stehen unter demselben die Dolmetscher behufs 
Uebertragung der bei den Gerichten einkommenden, in fremden Sprachen verfaßten Urkunden. 
Außerhalb des Departements der Justiz und der Oberaufsicht des 
Justizministeriums nicht unterstellt ist die Gerichtsbarkeit der dem Staatsmini- 
sterium unmittelbar untergeordneten Gerichte, s. o. S. 128 ff.; ferner die politische Gerichts- 
barkeit des Staatsgerichtshofes, die Gerichtsbarkeit der Militärgerichte in Strafsachen und 
die besondere Gerichtsbarkeit des Familienrathes in gewissen Familienangelegenheiten der 
Mitglieder des Königl. Hauses; s. o. S. 41 f. u. 119 f. u. unten §9 116. 
§ 80. II. Die Organe für die Verwaltung der ordentlichen streitigen Gerichts- 
barkeit. Diese Gerichtsbarkeit wird nach Maßgabe der Reichsgesetzgebung durch 64 Amts- 
gerichte, 8 Landgerichte und ein Oberlandesgericht verwaltet. 
Jeder Richter muß vor dem Amtsantritt eidlich verpflichtet werden. Die Hilfs- 
richter müssen die Befähigung zum Richteramte besitzen. Bei den Kollegialgerichten soll in 
jedem einzelnen Falle die Mehrheit des Gerichts und zwar bei dem Oberlandesgerichte aus 
ständigen Mitgliedern des Oberlandesgerichts, bei den Landgerichten aus ständigen Mit- 
gliedern eines Landgerichts bestehen. 
A. Die Amtsgerichte. Für jeden Oberamtsbezirk besteht ein Amtsgericht, welches 
mit einem oder mehreren Amtsrichtern besetzt ist; doch können „aus Gründen überwiegen- 
der Zweckmäßigkeit“ für einzelne Oberamtsbezirke mehrere Amtsgerichte errichtet werden?). 
Die Abhaltung periodischer Gerichtstage außerhalb des Gerichtssitzes kann durch das Justiz- 
ministerium angeordnet werden. 
Die richterlichen Beamten der Amtsgerichte handeln auch in den durch die Landesgesetze 
den Amtsgerichten zugewiesenen Angelegenheiten als Einzelrichter. Mehrere Amtsrichter eines 
Amtsgerichts vertreten sich gegenseitig. Die Vertretung durch Amtsrichter benachbarter Amts- 
gerichte wird nach Bedürfniß von dem Justizministerium im Voraus angeordnet. Ist ein Amts- 
gericht mit mehreren Amtsrichtern besetzt, so werden die Geschäfte durch denjenigen Amtsrichter, 
welchem die allgemeine Dienstaufsicht von dem Justizministerium übertragen wird, den einzelnen 
Amtsrichtern im Voraus zugewiesen. Die Vertheilung kann nach örtlich abgegrenzten Bezirken 
oder nach Gattungen der Geschäfte oder nach den Anfangsbuchstaben der Namen der Parteien 
erfolgen. Eine Vertheilung in der Weise, daß einem Amtsrichter nur Civilsachen, einem 
anderen nur Strafsachen zugewiesen würden, kann nur unter besonderen Umständen gestattet 
werden, wogegen es zugelassen ist, besondere Gattungen von Geschäften (z. B. Konkurssachen, 
Mahnverfahren, Forstrügesachen 2c.) einem Amtsrichter für den ganzen Bezirk zu übertragen. 
Zum Geschäftskreise des die Dienstaufsicht führenden Amtsrichters speziell 
gehören die in den §8 39, 40, 45—49, 52—54 des R.G.V. G. bezeichneten Geschäfte, die Beauf- 
sichtigung des Dienstpersonals des Amtsgerichts, die Besorgung der allgemeinen Dienstangelegen- 
heiten, der Geschäfte des Vormundschaftswesens, die Erledigung der Beschwerden gegen die dem 
Amtsgerichte untergebenen Behörden und Beamten, Disziplinaruntersuchungen, Strafsachen 
öffentlicher Diener. Die hiernach alljährlich getroffene Geschäftsvertheilung unterliegt der Ge- 
nehmigung des Justizministeriums, vor deren Ertheilung das Präsidium des Landgerichts zu 
vernehmen ist. Der die Dienstaufsicht führende Amtsrichter ist jedoch ermächtigt, in einzelnen 
Fällen aus erheblichen Gründen Abweichungen von der festgesetzten Geschäftsvertheilung ein- 
treten zu lassen; auch wird die Giltigkeit der Handlung eines Amtsrichters dadurch nicht be- 
rührt, daß dieselbe nach der Geschäftsvertheilung von einem anderen Amtsrichter vorzunehmen 
gewesen wäres). Die Zahl der für jedes Amtsgericht erforderlichen Hauptschöffen und Hilfs- 
1) Bekanntm. v. 23. Dez. 1828 u. v. 2. Nov. 1832. 
2) Dies ist bis jetzt nicht geschehen. 
1879 g Durttemberg. Ausf. G. z. G. V. G. Art. 1-5; Dienstvorschr. f. d. Amtsgerichte v. 80. Sept.
	        
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