Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

8 80. Die Organe für die Verwaltung der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit. 267 
schöffen wird im Auftrage des Justizministeriums durch die Präsidenten der Landgerichte 
bestimmt. 
In Forstrügesachen steht dem Amtsrichter die Verhandlung und Entscheidung 
innerhalb der in Art. 19 des ForststrafGes. v. 2. Sept. 1879 bestimmten Strafgrenze zu. Den 
Amtsrichtern liegt ferner die Aufsicht über die Geschäftsführung der Gemeindegerichte und 
ihrer Vorstände, sowie der Gemeinderäthe als Vollstreckungsbehörden in Beziehung auf die 
Zwangsvollstreckung in unbewegliches Vermögen und die Erledigung der hierauf bezüglichen 
Anträge, Erinnerungen und Beschwerden ob!?. 
Die Amtsgerichte selbst stehen unter der unmittelbaren Aufsicht des vorgesetzten 
Landgerichts (theils des Plenums, theils der einzelnen Kammern) 5, welches bezüglich aller 
zum Wirkungskreise des Amtsgerichts gehörigen Geschäftsgegenstände über die unverzögerte 
und gesetzmäßige Ausübung der Rechtspflege und Rechtsverwaltung zu wachen und überall, 
unbeschadet der verfassungsmäßigen richterlichen Unabhängigkeit der Untergerichte mit 
den geeigneten Anordnungen gegen Versäumnisse, Verstöße und Ordnungswidrigkeiten 
einzuschreiten hat. Zu diesem Behufe kann das Landgericht sich durch Einforderung von 
Berichten und Akten die erforderliche Kenntniß verschaffen, auch den gesammten Geschäfts- 
stand des Amtsgerichts auf Grund der vorzulegenden Geschäftsberichte und Prozeßlisten, 
sowie — im Auftrag des Justizministeriums — mittelst Visitationen prüfen ). 
B. Die Landgerichte. Bei sämmtlichen Landgerichten sind Civil= und Straf- 
kammern, bei dem Landgerichte Stuttgart, und nur bei diesem, ist außerdem eine Kammer 
für Handelssachen für den Bezirk des Landgerichts gebildet. 
Auf Grund des Vorbehaltes in § 3 des G.V. G. sind die Landgerichte in bürger- 
lichen Rechtsstreitigkeiten ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes ausschließlich 
zuständig: 
1. für die Ansprüche der Staatsbeamten gegen den Staat aus ihren Dienst- 
verhältnissen; 
2. für die Ansprüche gegen den Staat wegen Verschuldung von Staatsbeamten; 
3. für die Ansprüche gegen öffentliche Diener wegen Ueberschreitung ihrer amtlichen 
Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen. 
Die Landgerichte sind ferner, unbeschadet der dem Justizministerium über sämmtliche 
Gerichte zustehenden Dienstaufsicht, die Aufsichtsbehörden der Amtsgerichte und der denselben 
untergeordneten Behörden (s. o.), sowie der Gewerbegerichte (s. u.). 
Allgemeine Dienstangelegenheiten, zu welchen namentlich auch die verfassungsmäßig 
vorgeschriebenen Vorschläge für die Besetzung der dem Landgerichte untergeordneten Stellen 
des Justizdepartements, sowie der Kanzleibeamten des Landgerichts selbst gehören, s. o. 
S. 142, werden im Plenum des Landgerichts erledigt, zu welchem alle ständigen Gerichts- 
mitglieder beizuziehen sind. Alle übrigen Angelegenheiten, welche durch die Landes- 
gesetze den Landgerichten zugewiesen sind, werden in den nach dem R.G. V.G. gebildeten 
Kammern in der Besetzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden erledigt. 
Nur bei Vertragsbestätigungen und Pfandgeschäften in Beziehung auf exemte Güter 
(s. § 82) haben in der Civilkammer mindestens fünf Mitglieder einschließlich des Vor- 
sitzenden mitzuwirken. 
Die Präsidenten der Landgerichte können in Nothfällen zu einzelnen Sitzungen Amts- 
richter aus dem Landgerichtsbezirke beiziehen. 
1) In Württemberg ist nämlich dieser wichtigste Zweig der Zwangsvollstreckung den Gemeinde- 
räthen (d. h. dem Gemeinderathe derjenigen Gemeinde, zu deren Verband das Vollstreckungsobjekt 
gehört) als „Vollstreckungsbehörden“ übertragen, so daß die Thätigkeit des Amtsgerichts sich zunächst 
auf den Beschluß beschränkt, die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen anzuordnen; 
Ges. v. 18. Aug. 1879 Art. 1. 
2) Das Nähere hierüber s. bei Gaupp, Komm. z. C.P.O. Anh. S. 33f. 
3) Württemberg. Ausf.G. z. G. V.G. v. 24. Jan. 1879 Art. 1—5. 
 
	        
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