881. Die Organe für die Verwaltung der besonderen Gerichtsbarkeit. 269
tragten Personen!). Die Disziplinarstrafgewalt wegen Ungebühr, wegen ordnungswidriger
Ausführung oder wegen Nichtausführung ertheilter Aufträge steht dem Oberstaatsanwalte
und den ersten Staatsanwälten nach Art. 77 des Beamtengesetzes und § 2 der zuerst
angeführten V.O. zu.
Die Amtsanwälte werden von dem Justizministerium aus der Zahl der zum
Richteramte befähigten Personen, oder der Rechtskundigen, welche die erste höhere Prüfung
für den Justizdienst bestanden haben, auf Widerruf angestellt. Die Amtsverrichtungen der
Amtsanwaltschaft können in Forstrügesachen und bei Zuwiderhandlungen gegen die
Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle durch Beamte
des betreffenden Dienstzweiges, in anderen Straffällen durch Polizeibeamte wahrgenommen
werden, welche vom Justizministerium hierzu berufen werden. Gemeindebeamten kann eine
solche Vertretung nur mit Zustimmung der Gemeindebehörde übertragen werden?).
2. Die Verhältnisse der Rechtsanwaltschaft sind durch die deutsche Rechts-
anwalts-Ordnung vom 1. Juli 1878 geregelt 5.
Ueber die Zulassung, die Zurücknahme der Zulassung und die Anordnung der Stellver-
tretung (a. a. O. §§ 3, 9, 10, 22, 23, 25) entscheidet das Justizministerium (s. o.). Die Ge-
bühren der Anwälte im Verfahren vor den ordentlichen Gerichten sind durch die Anwalts-
Gebühren Ordn. v. 7. Juli 1879 geregelt. Dieselbe findet auch Anwendung auf die Thätigkeit
der Anwälte im Verfahren vor den Gemeindegerichten (s. übrigens das Ausf.Ges. z. C. P.O.
v. 18. Aug. 1879 Art. 6 Abs. 7), sowie bei der Zwangsvollstreckung und der Vollziehung des
Arrests in das unbewegliche Vermögen; Königl. V.O. v. 27. Sept. 1879. Für die Thätigkeit
der Anwälte außerhalb eines Rechtsstreites dagegen, ferner für Streitigkeiten vor dem Verwal-
tungsgerichtshofe, sowie im Verfahren wegen lästiger Anlagen (Gew.Ordn. S§§ 16, 25) ist auch
fernerhin die Königl. V.O. v. 19. Jan. 1869 bezw. 30. April 1875 maßgebend; württemb. Ger.Bl.
B. XXI S. 380 und Erlaß des Ministeriums des Innern v. 30. Okt. 1883.
3. Die Funktion der Gerichtsvollzieher wird der Regel nach durch Gemeinde-
beamte verwaltet, deren Wirkungskreis auf den Bezirk der betr. Gemeinde beschränkt ist.
Nur für den Zustellungsdienst ist insofern eine Ausnahme gemacht, als für die-
jenigen Zustellungen, welche am Gerichtssitze mittelst Behändigung durch einen Gerichts-
vollzieher zu bewirken sind, für die Zustellung durch Aufgabe zur Post und für die Vermittelung
von Zustellungen durch die Post den Gerichten vom Staate angestellte besondere Zustellungs-
beamte beigegeben sind, während für alle anderen Zustellungen, sofern sie innerhalb des Gemeinde-
bezirks durch Behändigung zu bewirken, die Ortsvorsteher die Zustellungsbeamten sind. Lehnt
der in erster Linie zum Gerichtsvollzieherdienste berufene Ortsvorsteher die Uebernahme dieses
Dienstes mit Zustimmung der bürgerlichen Kollegien der Gemeinde ab!), so wird ein besonderer
Gerichtsvollzieher durch den Gemeinderath gewählt, dessen Wahl der Bestätigung des Amts-
richters unterliegt. Eine besondere Qualifikation (Vorbildung, Prüfung, Caution 2c.) wird von
den Gerichtsvollziehern nicht verlangt. Nur kann das vorgesetzte Landgericht „aus erheblichen
Gründen“ (also namentlich wegen moralischer oder intellektueller Unfähigkeit für den fraglichen
Beruf) die Bestellung eines besonderen Gerichtsvollziehers an der Stelle des Ortsvorstehers oder
des gewählten Gerichtsvollziehers beschließen, dessen Belohnung dann aber, sofern sie nicht durch
die Gebühren gedeckt wird, der Gemeindekasse obliegt?).
§ 81. III. Die Organe für die Verwaltung der reichsgesetzlich zugelassenen beson-
deren Gerichtsbarkeit. Auf Grund der Bestimmung in § 14 des G.V.G. sind in Württem-
berg folgende besondere Gerichte eingesetzt:
1. Die Gemeindegerichte. Die Gerichtsbarkeit der Gemeinden ist ein Ueberrest
1) Ueber die Verwendung dieser Hilfsbeamten seitens der Gerichts= und Amtsanwälte f.
Boscher's Z. B. XXXI S. 191.
2) Württemberg. Ausf.G. z. G. V.G. Art. 24—28.
3) Vgl. auch die Ausf.Verf. d. Just. Min. v. 13. u. 20. Febr. 1880.
4) Was in einer sehr großen Zahl von Gemeinden der Fall ist.
5) Württemberg. Ausf.G. z. G.V.G. Art. 29—32, Ger.Vollz. O. v. 6. Sept. 1879 u. M.V.
r 5-27%% 1880 (G.Bl. XVIII S. 177) u. v. 13. April 1881 (G. Bl. XIX S. 81) u. v. 20. Juni
1891 A. Bl. S. 40.