276 Atchter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 84.
b) auf Grund spezieller Vorschrift der angeführten Verordnung in den
daselbst (8 7 Z. 1—10) aufgeführten Fällen; außerdem aber
Jc) in allen sonstigen Angelegenheiten, für welche die kollegialische Behandlung
durch ausdrückliche Bestimmung der Gesetze oder allgemeiner Verfügungen vorgeschrieben
oder im einzelnen Fall von dem Ministerium des Innern —, in den obengenannten
Angelegenheiten vom Ministerium des Kirchen= und Schulwesens — angeordnet ist.
Auch steht dem Präsidenten die Befugniß zu, anderweite Angelegenheiten von größerer
Bedeutung (z. B. auf dem Gebiete der Aufsicht über die Kommunalverwaltung) oder
von besonderer Schwierigkeit der Rechtsfrage zur Berathung und Beschlußfassung im
Kollegium zu verweisen.
Für ihre technische Berathung im Hoch= und Wasserbaufach, sowie bei Genehmigung
von Dampfkesselanlagen sind öffentlich angestellte Personen besonders bestimmt; auf anderen
Gebieten haben die Kreisregierungen die dafür bestellten technischen Behörden um ihr
Gutachten anzugehen; doch können sie über medizinische Fragen in einfachen oder beson-
ders dringlichen Fällen den Rath des Oberamtsarztes der Kreisstadt oder seines Stell-
vertreters einholen.
Den Vorständen des Ministeriums des Innern und in dem vorangeführten Fall
auch des Kultusministeriums ist es vorbehalten, nach ihrem Ermessen den Berathungen
der Kreisregierungen über die in den Geschäftskreis dieser Ministerien fallenden Ver-
waltungsangelegenheiten persönlich anzuwohnen oder sich bei denselben durch einen Kom-
missar vertreten zu lassen ?.
2. Im Sinne der Reichsgesetze bilden die Kreisregierungen der Regel nach
die höhere Verwaltungsbehörde. So sind dieselben namentlich nach den
M. V. A, B und C vom 14. Dez. 1871 und vom 9. Nov. 1883 zuständig für die Er-
theilung bzw. Entziehung von Konzessionen in den Fällen der §88 16, 24, 30, 32, 39,
51, 53, 65 der Gew.O., sowie zur Genehmigung der Anlegung und Veränderung von
Wasserwerken, bei welchen es sich nicht zugleich um eine Stauanlage (a. a. O. 8§ 16)
handelt. In dem durch 8§ 21 der G.O. vorgeschriebenen öffentlichen und mündlichen
Verfahren in Gewerbesachen, sowie über die versagte Zulassung einer Hilfskasse (R.G.
vom 7. April 1876 § 4) verhandeln und beschließen dieselben nach Maßgabe der Königl.
V.O. vom 19. Juni 1873 in Anwesenheit von drei Mitgliedern, einschließlich des Vor-
sitzenden ). Der nach § 20 der Gew.O. zulässige Rekurs geht an das Ministerium des
Innern, welches ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Ebenso fungiren die Kreis-
regierungen (vorbehaltlich der besonderen Bestimmung in § 84 Abs. 3 des R.K.V. G.
vom 10. April 1892) als höhere Verwaltungsbehörden, soweit es sich um Angelegen-
heiten der Gemeindekrankenversicherungen, von Ortskrankenkassen für einen ganzen Ober-
amtsbezirk (Bezirkskrankenkassen) oder mehrere Gemeinden desselben, von Baukrankenkassen,
welche sich über einen Oberamtsbezirk hinaus erstrecken, um die Angelegenheiten von
Kassenverbänden (§ 46 des R. K.V.G.) oder um die Genehmigung der in 88 43 u. 43a
(a. a. O.) bezeichneten Beschlüsse von Gemeinden oder Amtskörperschaften handelt ?.
Die entsprechende Aufgabe als höhere Verwaltungsbehörde haben die Kreisregierungen
1) S. d. angef. V.O. §§ 1—3, 6—9.
2) Der § 8 der Königl. V.O. v. 15. Nov. 1889 findet also hierbei keine Anwendung: vygl.
auch § 6 Abs. 2 ebend.
3) Dagegen bilden die Oberämter die höhere Verwaltungsbehörde, soweit es sich um die An-
gelegenheiten von Ortskrankenkassen für eine einzelne Gemeinde, von Betriebs-Krankenkassen oder
von solchen Baukrankenkassen handelt, welche sich nicht über einen Oberamtsbezirk hinaus erstrecken;
s. d. Min. Verf. v. 2. Nov. 1892; — ebenso im Falle des § 35 Abs. 3 des R.G. v. 7. Apr. 1876
(Min. Verf. v. 23. Juni 1877.)