280 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 85.
Die Anordnung einer allgemeinen Streife zur Einholung flüchtiger oder sich ver-
borgen haltender Gesetzesübertreter steht übrigens auch noch jetzt dem Oberamte zu, wäh-
rend lokale Streifen innerhalb einer Markung von der Gemeindebehörde veranlaßt werden .
Jedoch ist der Staatsanwalt nicht gehindert, die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft,
also namentlich die Landjägermannschaft hierzu aufzubieten.
Die Aufsicht über die Polizeigefängnisse und die darin befindlichen Ge-
fangenen steht dem Oberamtmann und in Unterordnung unter denselben den einzelnen
Ortsvorstehern zus). — Der Transport der Gefangenen ist geregelt durch die
Instr. f. d. Landjägerkorps v. 5. Juni 1823, die Verf. v. 11. Dez. 1823 und bezüglich
der Kosten durch das Ges. v. 26. Mai 1824 3).
Die Führung der Strafregister erfolgt jetzt nach Maßgabe der Bundes-
raths V. O. v. 16. Juni 1882 betr. die Einrichtung von Strafregistern und die wechsel-
seitige Mittheilung der Strafurtheile und gemäß der Ausf. Verf. hierzu v. 18. Sept. 1882.
Das Landjägerkorps ist eine zur Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicher-
heit im Innern des Königreichs bestimmte Landespolizeianstalt und als solche in seinen
Dienstverrichtungen ordentlicher Weise dem Ministerium des Innern untergeben"). Die
Stationskommandanten und Mannschaften des Korps sind Hilfsbeamte der Staatsanwalt-
schaft im Sinne des § 153 des R.G.V. G. (s. o. S. 268). Die innere Einrichtung
des Korps ist militärisch. Dasselbe besteht aus einem Kommandeur, einem zugleich die
Stelle eines Bezirkskommandeurs versehenden Stabsoffizier und zwei weiteren Bezirks-
kommandeurs, welchen im Ganzen 65 Stationskommandanten (für jedes der 64 Ober-
ämter und für Friedrichshafen) und eine entsprechende Anzahl Landjäger, sämmtlich
Unteroffiziere — vertheilt nach den Bedürfnissen der einzelnen Oberamtsbezirke — unter-
stellt sind.
B. Die Sicherheitspolizei i. e. S. (s. o.). Hinsichtlich ihrer Thätigkeit kann
man unterscheiden:
1. Allgemeine Sicherungsmaßregeln, welche gegen Jedermann ergriffen
werden können:
a) die Freiheitsbeschränkung. Die Polizei= und Sicherheitsbeamten sind nämlich
auch bei bloßen Uebertretungen zur vorläufigen Festnahme, aber nur in
den Fällen der Str. Pr. O, 8§ 112, 113, 125, 127, berechtigt. Außerdem sind
die Polizeibehörden zur Anwendung aller gesetzlichen Zwangsmittel befugt, deren
es zur Durchführung ihrer Anordnungen bedarf ). Zu diesem Zwecke findet
auch eine Beschränkung der persönlichen Freiheit durch polizeiliche Detention,
Sistierung, Vorführung statt, z. B. zur Durchführung einer Ausweisung, Ver-
bringung in eine Irrenanstalt 2c. );
b) die sog. Waffenpolizei, d. h. die Beschränkung des Rechts zum Waffen-
tragen (hierüber oben S. 37).
1) Verw. Ed. v. 1822 § 106 u. Fleischhauer 2c. S. 146.
2) S. hierüber u. über die Einrichtung u. Unterhaltung der Oberamtsgefängnisse das Verw.
Ed. § 107, Fleischhauer S. 146ff.
3) Vgl. auch d. Instruction v. 28. Juni 1824 u. bezügl. der Begleitung der Gefangenen
durch bürgerliche Begleiter die Dienstvorschr. v. 16. Nov. 1885 (A.Bl. 337— 349).
4) Die Organisation des Korps beruht auf der Königl. V.O. v. 5. Juni 1823; vgl. auch
die Dienstinstr. vom gleichen Tage sowie die Dienstvorschriften für die Mannschaft (v. 1854), für
die Stationskommandanten (v. 1873) und für die Bezirkskommandanten (v. 1878); bezüglich der
Landjägeroffiziere s. auch das Beamten G. v. 28. Juni 1876 Art. 119.
5) Pol.G. v. 12. Aug. 1879 Art. 2.
6) Vgl. auch H. Seuffert im Wörterb. d. d. V.R. II S. 690 § 20 u. Schicker, Württ.
P. Str. R. S. 178.