8 85. Die Sicherheitspolizei. 281
c) Die Vorschriften gegen den verbrecherischen und gemeingefährlichen Gebrauch
von Sprengstoffen sind in dem R.G. v. 9. Juni 1884 enthalten 1). Neben
diesem R.G. sind aber die sonstigen reichsgesetzlichen Vorschriften hinsichtlich der
Sprengstoffe in Kraft geblieben, soweit sie nicht durch die strengeren Vorschriften
des angeführten Gesetzes gegenstandslos geworden sind, also namentlich die
R.Gew.O. 8§8 35, 56 Abs. 6, Str.G. B. § 367. Diese Bestimmungen und
die zu ihrer Ausführung erlassene württemb. M. Vf. betreffend den Verkehr mit
explosiven Stoffen vom 14. Febr. 1894 (R. Bl. S. 21)2) kommen namentlich zur
Anwendung auf die in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. März
1885 im Anschluß an § 1 des angef. R.G. v. 1884 bezeichneten Sprengstoffe,
welche vorzugsweise als Schießmittel gebraucht werden.
d) die Preßpolizei; die Bestimmungen des Württ. Rechts sind oben S. 34
als Beschränkungen der garantierten Preßfreiheit dargestellt;
e) die Vereins-und Versammlungspolizeij auch hierüber s. oben S. 35.
2. Besondere sicherheitspolizeiliche Maßregeln, welche nur gegen
gewisse Klassen von Personen zulässig sind, nämlich:
a) Maßregeln gegen Bettler, Landstreicher und andere arbeitsscheue Personen?5).
In Vollziehung der 88 56, 361 Z. 3ff., 362 des Str.G.B. sind die
Vorschriften über die Verpflegung, Beschäftigung und Beaufsichtigung der in
dem Arbeitshaus untergebrachten Landstreicher, Bettler 2c. 2c. sowie über die
Einrichtung und Verwaltung dieser Anstalten auf Grund der Art. 11 des Pol.=
Str. G. vom 27. Dez. 1871 bezw. Art. 8 des Ges. v. 12. Aug. 1879 durch die
M. Vf. v. 2. Febr. 1882½) erlassen. Demgemäß steht der Kreisregierung
die Befugniß zu, die nach §8 362 des Str.G.B. der Landespolizeibehörde über-
wiesenen Personen in einem Arbeitshaus unterzubringen und die in einem solchen
Untergebrachten vor der festgesetzten Zeit zu entlassen. Ueber die Aufgabe dieser
Arbeitshäuser s. o. S. 276 N. 6. Die Voraussetzungen für die Einweisung
enthalten die 88 3—5 der angef. Verf. v. 1882.
Nach Art. 12 des Pol. Str. G. von 1879 können ferner Diejenigen, welche die ihrer
Gewalt oder Pflege untergebenen Personen vom Betteln nicht abhalten, desgleichen Eltern,
welche ihre Kinder zum Betteln abrichten, ausschicken oder herleihen oder sie der sittlichen
Verwahrlosung preisgeben, durch Erkenntniß des Gemeinderaths unter Zuziehung des Orts-
geistlichen auch gegen ihren Willen angehalten werden, solche Personen zur Erziehung in
Anstalten oder auch in geeignete Privathäuser abzugeben oder sie in angemessene Lehren
oder Dienste unterbringen zu lassen 5.
1) Vgl. hierzu die Bekanntm. des R. Kanzlers vom 13. März 1885, R.G.Bl., S. 78 u. v. 16. April
1891 R.G. Bl. 105 u. die Württ. Vollz. V. v. 22. Aug. 1884 u. die Bergpolizeiverordnung v. 10. Okt.
1884 betr. die Behandlung von Sprengstoffen u. das Verfahren bei Sprengarbeiten (R. Bl. 208).
2) Vgl. auch die M.V. v. 23. Febr. 1894 betr. die Versendung von Sprengstoffen 2c. (R. Bl.
S. 36) und die M.Verf. v. 1. März 1886 betr. die Verhütung der Gefährdung militärischer Pulver-
transporte (R. Bl. 87) u. d. M. Erl. über dens. Gegenstand v. 10. April 1886 (A. Bl. 131) u. v.
4. April 1887 betr. die bei Sprengungen in der Nähe von öffentlichen Wegen zu beobachtenden
Sicherungsmaßregeln (R. Bl. 94); vgl. auch Schicker, P. Str. R. S. 149.
3) Vgl. hierüber Münsterberg im Wörterb. d. d. V.R. I S. 191 u. die dort angef. Lit-
teratur.
4) Vgl. auch die Bekanntm. des Min. d. Inn. v. 3. Juni 1882 betr. die Hausordnung für
das Arbeitshaus in Vaihingen.
5) Gegen den Beschluß des Gemeinderaths findet nur ein Rekurs an das „gemeinschaftliche
Oberamt" statt. Es handelt sich hierbei um eine rein polizeiliche Maßregel, welche durch Zwangs-
mittel nach Art. 2 des Pol. Ges. v. 12. Aug. 1879 zu vollstrecken ist. Daneben können die Eltern
nach § 361 Z. 4 oder 9 des Str. G. B. bestraft werden.