308 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 89
schaften des Neckar= und Schwarzwaldkreises und für die Verwaltungsgerichte des Landes½,
d) die technische Ueberwachung der Amtsführung der Oberamtsärzte und Oberamtsthierärzte;
die Vornahme regelmäßig wiederkehrender Visitationen der Physikate 2); die technische Ober-
aussicht über die Apotheker und Apotheken und die Leitung der periodischen Apothekenvisitationen?);
die Theilnahme an den Prüfungen der Aerzte, Thierärzte, Apotheker und Hebammen; eg) die
Oberleitung des gesammten technischen, administrativen und ökonomischen Betriebes der Staats-
Irrenanstalten und der Hebammenschule nebst Gebäranstalt, die Ueberwachung des Betriebes
der Privat-Irrenanstalten"); die Zuweisung von Staatspfleglingen an die eine Staatsunter-
stützung genießenden Privat-Irren= und Privat-Krankenanstalten; f) die technische Oberaufsicht
über das Impfgeschäft und die Oberleitung der Centralimpfanstalt in Stuttgart und der sonst
eingerichteten Impsstoffgewinnungsanstalten; g) das Erkenntniß über den Eintritt und die Be-
endigung der unmittelbaren Staatsfürsorge bei Epidemien und Viehseuchen; die Leitung und
Ueberwachung des Heilverfahrens und die Erstattung von thierärztlichen Obergutachten in den
Fällen der §8§ 14 und 16 des R.G. über die Abwehr von Viehseuchen v. 23. Juni 1880/1. Mai
1894 2c.)).
2. Die dem Medizinalkollegium in technischer Beziehung untergeordneten Medizinal-
Beamten.
a) Die Oberamtsärzte, d. h. die für jeden Oberamtsbezirk vom Staate angestellten
Gesundheitsbeamten; dieselben sind Staatsbeamte im Sinne des Beamtengesetzes, aber zur
Ausübung der ärztlichen Praxis neben ihrer amtlichen Funktion, für welche sie einen fixen
Gehalt beziehen, berechtigt.
In ihren Geschäftskreis, welcher durch die nur noch theilweise giltige General Verord.
v. 14. März 1814 bestimmt wird, fallen sämmtliche gerichtlichen und polizeilichen sog. Legalfälle
(Obduktionen)°), die ärztliche Behandlung der Epidemien unter Oberleitung des Mediz.Kolle-
giums, die unmittelbare Aufsicht über alle Medizinalanstalten, besonders über die Apotheken.
Er ist der ordentliche Impfarzt) des Oberamtsbezirkes, hat den Gewerbebetrieb der Hebammen
zu überwachen, die periodischen Repetitionskurse mit denselben nach Maßgabe der Verf. v.
12. Juli 1872 abzuhalten und die Kontrolle über die Tagebücher der Geburtshelfer und Heb-
ammen gemäß der Verf. v. 8. Okt. 1872 auszuüben. Er hat ferner die Aufsicht zu führen über
die Thätigkeit der innerhalb des Bezirks als Gerichts= und Polizeiärzte, sowie der als ärztliche
Leiter und Berather öffentlicher Anstalten bestellten Medizinalpersonen, wogegen er bezüglich
aller übrigen mit der Heilkunde beschäftigten Personen nur darüber zu wachen hat, daß Nie-
1) Wogegen die Erstattung von gerichtlich-medizinischen Kollegialgutachten für die Gerichte
u. Staatsanwaltschaftsbeamten des Schwarzwald= u. des Donaukreises dem medizinisch-chirurgischen
Kollegium in Tübingen obliegt; vgl. die M. Verf. v. 21. Mai 1881 (R. Bl. 364).
2) Regelmäßig wird ein Oberamtsbezirk alle 8 Jahre vifitirt. Der Visitator wird vom
Ministerium des Innern bestellt; vgl. die M.V. v. 1. Juli 1885 betr. die Medizinaloisitationen
in den Oberamtsbezirken v. 1. Juli 1885 (R. Bl. 331) u. bezüglich des Stadtdirektionsbez. Stuttgart
den M. Erl. v. 13. Sept. 1889 (A. Bl. 241).
3) Jede Apotheke, einschließlich der ärztlichen Handapotheken, wird regelmäßig alle 4 Jahre
visitirt. Die Person des Visitators u. die Reihenfolge bestimmt das Ministerium des Innern; vgl.
die M. Verf. v. 1. Juli 1885 betr. die Vornahme v. Apoth.Visitationen und die Dienstanweisung
vom gleichen Tage (A.Bl. 322, 327).
4) Vgl. Gew.O. 8§8§ 30 u. 49, M.Verf. v. 9. Nov. 1883 betr. den Vollzug der Gew O. 5 5;
ferner die M. Verf. v. 18. Okt. 1873 betr. den Betrieb u. die Ueberwachung der Priv. Jrrenanstalten
(R. Bl. 395) u. die M. Verf. betr. die Dienstanweisung für die Visitation der Privatirrenanstalten
v. 26. März 1890 (R. Bl. 73).
5) Ueber die besonderen Abtheilungen des Mediz. Kollegiums „für Staatskrankenanstalten“
und „thierärztliche Abtheilung“ s. die Königl. R.O. vom 21. Okt. 1880 § 7 u. die M. Verf. vom
21. Juni 1881 betr. die besondern Abtheilungen 2c. (R. Bl. 398).
6) Ueber die Abtheilung der gerichtsärztlichen Geschäfte zwischen dem Oberamtsarzte und
Oberamtswundarzte s. die Verf. v. 17. Okt. 1879.
7) Vgl. hierzu die beiden M.Verf. v. 28. April 1888 betr. den Vollzug des Reichs ImpfG.
u. betr. die polizeilichen Maßregeln bei Ausbruch der Menschenpocken, s. auch oben S. 298. Die
Kosten der öffentlichen Impfungen haben ohne Rücksicht auf Heimathangehörigkeit die Gemeinden
zu zahlen, in deren Listen die Impflinge eingetragen sind. Doch kann der gesammte Aufwand von
der Amtskörperschaft auf ihre Kasse übernommen werden; Ges. v. 29. März 1875, vgl. mit dem
Reichs Impf G. § 6 Abs. 2. Ueber die Ertheilung des Unterrichts in der Impftechnik s. die M.Verf.
v. 4. Juni 1887 (R.Bl. 148).