310 Atchter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 90.
ist die polizeiliche Fürsorge für Geisteskranke) durch die Min. Verff. v. 15. Juli
1836 (R. Bl. 279) und v. 4. Juli 1872 (R. Bl. 237) näher geregelt. Ueber die Frage, ob ein
Geisteskranker gegen seinen Willen und gegen die Einsprache seiner Angehörigen aus polizei-
lichen Gründen in eine Staatsirrenanstalt zu verbringen sei, erkennt die Regierung des Kreises,
in welchem der Kranke seinen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen — den Aufenthalt hat.
Die Kreisregierung hat nöthigenfalls auch für die Ermittelung des pflichtigen Armenverbands
Sorge zu tragen 2). Ueber die Unterbringung von Irren in Privatirrenanstalten, s. die S. 309
in der Note 7 angeführten Min, Verff. v. 18. Oktober 1873 u. 26. März 1890)).
Mit vorbeugenden Maßregeln gegen den in einzelnen Gemeinden verbreiteten Kretinismus
beschäftigt sich eine Min. Verf. v. S. März 1844 sammt Beil. (R. Bl. 184) .
b) Die Landeshebammenschule (Statut v. 19. Dez. 1863 und Nachtrag vom
12. Nov. 1885) ist zur Heranbildung von Hebammen für den Bedarf des Landes bestimmt;
eine Gebäranstalt für die Zwecke des Unterrichts steht damit in Verbindung. Beide
Institute stehen unter der Leitung und Verwaltung des ersten Hauptlehrers. Die von
den Schülerinnen 2c. zu entrichtenden Verpflegungsgelder sind in der Bekanntmachung
vom 12. Nov. 1885 (s. o. S. 305 N. 3) geregelt.
c) Ueber die Central-Impfanstalt in Stuttgart und die sonstigen Impfstoff-
gewinnungsanstalten s. die M.Vf. v. 28. April 1888 §8§ 19—21 u. Anl. D. (R. Bl.
S. 183 u. 219), vgl. m. der Königl. V.O. v. 21. Okt. 1880 8 4 Z. 11 (R. Bl. 1881
S. 5) und die M. Vff. v. 26. Febr. 1886 (A. Bl. S. 73) und v. 12. März 1887 (A. Bl.
S. 146).
4. Als staatlich anerkannte Organe für die Vertretung der gemeinsamen Interessen
ihres Standes bestehen auf Grund der M. Vf. v. 80. Dez. 1875 die Vereine der
approbirten Aerzte, Thierärzte und Apotheker des Landes, nämlich der in acht Bezirks-
vereine sich gliedernde ärztliche Landesverein, der thierärztliche Verein und der pharma-
zeutische Landesverein. Die Aufgaben des Ausschusses eines jeden dieser Vereine ergeben
sich aus den §§ 10, 15 und 17 der angeführten Verfügung. Ueber die Zuziehung des
Ausschusses oder einzelner Mitglieder zu den Berathungen des Mediz. Kollegiums s. oben A.
III. Die Verwaltung in Bezug auf das wirthschaftliche Leben.
1. Allgemeiner Theil.
§ 90. Die Baupolizei 5). Die gesammte Baupolizei, sowie das damit im Zusammen-
hang stehende privatrechtliche sog. Nachbarrecht ist durch die allgemeine Bau-Ordn. vom
6. Okt. 1872 6) neu geregelt worden. Dazu kommen dann noch einige Bestimmungen
des Gesetzes über das landwirthschaftliche Nachbarrecht vom 15. Juni 1893 (Art. 1—9,
25, 33 u. 34).
Abweichend vom früheren Recht gilt jetzt nach Art. 1 der BauO. das Prinzip der
Baufreiheit, d. h. der Grundsatz, daß — soweit nicht durch die Reichsgesetze oder durch die
1) M. Erl. v. 21. Jan. 1853, auch soll nach einem Gen. Reser. v. 20. April 1798 in jeder
Oberamtsstadt zur sicheren Verwahrung von Geisteskranken ein englisches Hemd bereit gehalten
werden.
2) VBgl. Reuß, der Rechtsschutz der Geisteskranken 1888 u. Jolly im Wörterb. des d.
Verw.R. 1 S. 691.
3) Statut für die Staatsirrenanst. v. 1875 88 11 ff.
nn 4 Ueber den Transport Geisteskranker in die Irrenanstalt s. d. M. V. v. 18. Juni 1830
.Bl. 268.
5) Vgl. über die Baupolizei im Allgemeinen G. Meyer, Verw.R. § 71; Leuthold im W.
d. d. Verw. R. I S. 126; dann für Württemberg die Kommentare zur allg. BauO. von Bitzer
(1872) und von Schütz (1873) u. Z.-Huzel a. a. O. S. 702—718.
6) Vgl. auch Vollz. V. v. 23. Nov. 1882, Erl. v. 14. Juni 1887 betr. die Bauten von Fa-
itte ꝛc. ꝛc. (A. Bl. 285) u. den Erl. v. 2. Juni 1885 betr. die Ausf. v. Bauwesen an Staats-
traßen.