312 Atchter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 91.
öffentlichen Plätzen und Ortsstraßen bezw. Baulinien oder an Landstraßen, in der Nähe von
Waldungen, Lager-, Holzabstoß= und Wasenplätzen, Eisenbahnlinien, öffentlichen Wassern oder
Friedhöfen handelt, oder ein eigenthümlich geartetes Bauwerk (s. u. Nr. 3) vorliegt; Art. 81
Abs. 1 und 2 Art. 84 a. a. O.
2. Den Oberämtern kommt zu: die allgemeine Aufsicht über die Handhabung der
Baupolizei in den Gemeinden, die Verhandlung und Entscheidung von Streitigkeiten oder Be-
schwerden in baupolizeilichen Angelegenheiten, die Genehmigung der Ortsbaupläne oder einzelner
Baulinien an öffentlichen oder Privatstraßen in Orten bis zu 2500 Einwohnern, sofern nicht
für einzelne Orte mit weniger Einwohnern wegen besonderer Verhältnisse die Genehmigung dem
Ministerium des Innern vorbehalten ist; in derselben Beschränkung das Erkenntniß über das
Bestehen eines vorherrschend landwirthschaftlichen Betriebs in einzelnen Orten oder Ortstheilen
(BauO. Art. 25, 26, 33); das Erkenntniß über alle Bauten, soweit es eines solchen bedarf
und nicht die Gemeindebehörden (s. o. Nr. 1) hierfür zuständig sind, jedoch mit Ausnahme solcher
Baugesuche, welche mit den Verhandlungen über die Errichtung oder Veränderung von Anlagen
der in § 16 der Reichs Gew. Ordn. erwähnten Art oder auch von Wasserwerken ohne Stauanlage
zusammentreffen, da bei diesen die zur Genehmigung der letzteren nach § 1 der Min, Verf. v.
14. Dez. 1871 und der Verf. vom gleichen Tage Lit. C (vgl. auch die Min. Verf. v. 9. Nov.
1883 über den Vollzug der Gew.O. § 3 und die V.O. v. 15. Nov. 1889 § 3 B 4) zuständige
Kreisregierung auch über das Hochbaugesuch nach Art. 82 der BauO. zu erkennen hat; (eine
weitere Ausnahme s. unter Nr. 3 a. G.).
3. Dem Ministerium des Innern steht zu: die Oberaufsicht über die Hand-
habung der Baupolizei durch die Gemeinden und Bezirksbehörden; die Erlassung allgemeiner
Verfügungen, die Genehmigung sämmtlicher Ortsbaustatuten, die Erledigung von Dispensations-
gesuchen, die Verhandlung und Entscheidung von Streitigkeiten oder Beschwerden in baupolizei-
lichen Angelegenheiten, die Genehmigung von Ortsbauplanen und Baulinien an öffentlichen und
Privatstraßen, soweit solche nicht den Oberämtern zukommt (s. o.); in derselben Beschränkung
das Erkenntniß über das Bestehen eines vorherrschend landwirthschaftlichen Betriebs (s. o.);
ferner die Genehmigung der Beschlüsse der Gemeindekollegien über die Beiziehung der Gebäude-
besitzer zu dem Aufwand auf unterirdische Wasserableitungskanäle; das Erkenntniß über das
Vorhandensein eines besonderen örtlichen Bedürfnisses für die Zulassung von Stroh= oder Lander-
dächern; die Bestätigung oder Entlassung der zur Berathung und Unterstützung der Oberämter
in Bausachen bestellten Bauverständigen; das Erkenntniß über die Herstellung oder Abänderung
eigenthümlicher Bauwerke, für welche die allgemeinen Vorschriften nicht ausreichen; endlich das
Erkenntniß über Bauten im Stadtdirektionsbezirke Stuttgart, soweit nicht die Gemeindebehörde
(s. o.) zuständig ist, oder der in Nr. 2 a. E. hervorgehobene Fall vorliegt 7).
Die dem Ministerium zukommenden baupolizeilichen Funktionen werden theils durch den
Minister selbst, theils unter seiner Oberleitung durch eine bei dem Ministerium bestehende Ab-
theilung fürdas Hochbauwesen in der Weise ausgeübt, daß die Erlassung allgemeiner
Verfügungen, die Genehmigung der Ortsbaustatuten, die Ertheilung von Dispensationen, sowie
die Erledigung anderer wichtiger Gegenstände unter dem Vorsitze des Ministers oder mit seiner
Genehmigung erfolgt, wogegen der Minister die übrigen Gegenstände nach seinem Ermessen dem
Abtheilungsvorstande zur Erledigung mit Zuziehung des Kollegiums oder im Bureauwege zu-
weisen kann. — Die Oberämter sind der Ministerial Abtheilung für das Hochbauwesen un-
mittelbar untergeordnet?) (V.O. v. 16. Dez. 1872 §§ 1—5).
§ 91. Die Feuerpolizei ). Die Aufgaben der Feuerpolizei bestehen theils in der
Verhütung von Feuergefahr, theils in der Bewältigung bezw. Beschränkung eines aus-
gebrochenen Brandes, theils in der Ausgleichung der wirthschaftlichen Verluste in Folge
von Schadenfeuer auf dem Wege der Versicherung.
1) Die frühere Zuständigkeit der Kreisregierungen in Baupolizeisachen ist hiernach, abgesehen
von den Fällen des § 16 der Reichs Gew.O. (s. o.) und von der Zuständigkeit in Strafsachen, durch
die Königl. V.O. v. 16. Dez. 1872 gänzlich aufgehoben.
6 2) Das Nähere hierüber enthält die Min. Verf. v. 25. Jan. 1873 (A. Bl. S. 13.) Gegen
die Entscheidung der Ministerialinstanz kann die Rechtsbeschwerde an den Verw.Gerichtshof erhoben
werden; Sarwey ö. R., S. 617.
3) Vgl. auch Leuthold im Wörterb. d. d. V. R. 1 395f. Elster ebend. S. 398 ff.
Mohl II S. 632f. Z.-Huzel 2c. §§ 1334—1415.