l 91. Die Feuerpolizei. 313
A. Die Verhütung von Feuergefahr (Feuerpolizei i. w. S.). Diesem Zwecke dient:
1. Die Baufeuerpolizeity). Hierher gehören:
a) die Vorschristen über die Breite der Ortsstraßen?), sowie über die Gebände-
abständes). Jeder Bau muß nämlich so angelegt werden, daß im Fall eines
Brandes für die Feuerlösch= und Rettungsanstalten der erforderliche Raum
gegeben ist und entsprechende Zugänglichkeit besteht.
b) Das Gebot der Verwendung von festem und feuersicherem Material für die
wichtigsten Theile der Gebäude, nämlich für die Umfassungsmauern, Dächer und
— wenigstens bei den Neubauten bezw. den Hauptreparaturen von großen Straf-
anstalten, stehenden Theatern und ähnlichen ständigen großen Versammlungs-
lokalen — auch für die Treppen"). Sollen größere Vorräthe leicht entzündlicher
und schwer löschbarer Stoffe längere Zeit im Gebäude aufbewahrt oder besonders
feuergefährliche Verrichtungen in einem Gebäude vorgenommen werden, so kann
für diese Räume — auch in älteren Gebäuden — die Herstellung feuersicherer Um-
fassungsmauern und Decken, nach Umständen auch Einwölbung und die Anbringung
metallener Verschlüsse der Oeffnungen sowie feuerfester Böden gefordert werden?).
c. Die Vorschriften über die feuersichere Herstellung der Feuerungseinrichtungen
(Feuerstätten). Diese sind im Anschluß an die Art. 50—52, 78 3. 1 der
Bauordnung enthalten in der Min. VfP. v. 23. Mai 1882 u. 22. Okt. 1889
(Feuerwände, Herstellung der Oefen, Vorkamine, Heizkamine, Einrichtung
von Luft= oder Dampfheizungen, Küchen, Kochherde, Backöfen, Obstdörren,
Schmiedeessen, Malzdörren, Trockenräume, Kamine, einschließlich der Kamine
von Dampfkesselanlagen 2c.J.
2. Die Verhütung von Feuergefahr bei dem Benehmen mit Feuer und
Licht und dem Verkehr mit feuerge fäührlichen Gegenständen (Feuer-
polizei im e. Sinn). Die hierauf bezüglichen Vorschriften sind niedergelegt in der auf
Grund der Art. 57 Abs. 2 des Württemb. Polizei Strafges v. 27. Dez. 1871 erlassenen
Königl. V.O. v. 21. Dez. 1876 und in der die 88 7, 20, 21— 43 u. 44 dieser V.O. ab-
ändernden Königl. V.O. v. 4. Jan. 18887).
1) Auf Uebertretung dieser Vorschriften findet der § 367 Z. 15 des Str.G.B. u. Art. 93
der BauO. Anwendung; vgl. auch Str.G.B. § 368 Z. 4.
2) Diese soll, nach Art. 9 der BauO., wenn die Straße neu angelegt oder verlängert wird
und an beiden Seiten mit Häusern besetzt werden soll, regelmäßig nicht unter 11 Meter betragen.
3) BauO. Art. 28 (vgl. m. Art. 9, 30, 392).
4) BauO. Art. 35—43, 53. Die Außenseiten der Gebäude sind hiernach durchaus mit feuer-
sichern Mauern herzustellen, sofern sie nicht 2,3 Meter von andern Gebäuden bezw. von der Eigen-
thumsgrenze abstehen; in letzterem Fall sind aber die Umfassungswandungen in der Regel von
ausgemauertem oder sonst mit feuerfestem Material ausgefülltem Fachwerk herzustellen und es kann
nach Umständen verlangt werden, daß das Fachwerk in einer gegen Feuer schützenden Weise ver-
blendet oder verkleidet werde. Blockwände sind nur bei einer Entfernung von 4,3 m von andern
Gebäuden, bezw. der Eigenthumsgrenze zulässig. Für die Bedachung ist ein nicht feuersicheres Ma-
terial nur gestattet, wenn besondere Umstände dasselbe ungefährlich erscheinen lassen oder wegen der
örtlichen Verhältnisse.
5) B.O. Art. 49.
6) Ueber letztere vgl. die Min. Verf. B. v. 14. Dez. 1871 §§ 21 ff. R. Bl. 350 und dazu Gew.O.
§ 24, nebst der Bekanntm. d' R. Kanzlers v. 5. Aug. 1890 u. der Verf. des Min. des Innern vom
4. Nov. 1890 u. 23. Nov. 1891 u. der Min. Verf. v. 28. Juli 1887 u. 16. Juli 1889.
7) Vgl. auch die Min. Verf. v. 16. Dez. 1889 betr. Vorsichtsmaßregeln bei der Aufstellung
beweglicher Dampfkessel; die Min. Verff. v. 11. Jan. 1888 und 25. Januar 1890 betr. die Lagerung
und Aufbewahrung von mineralischen Oelen, Aether und andern leicht entzündlichen Flüssigkeiten;
und bezüglich des Petroleums das R. G. v. 14. Mai 1879 §§ 5 u. 8 und die Kais. V.O. vom
24. Febr. 1882 über das gewerbsmäßige Verkaufen sund Feilhalten von P. nebst den Vollz. Erl.
v. 22. Sept. 1882 (A.Bl. S. 352) u. 11. Mai 1883 (A. Bl. S. 116); bezüglich der Sprengstoffe
vg. oben S. 281; bezüglich der Reibfeuerzeuge vgl. die Min. Verf. v. 15. Juni 1877.