316 Atchter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 91.
B. Das Feuerlöschwesen. Dieses ist geregelt durch die Landesfeuerlöschordnung vom
7. Juni 1885 1). Hiernach sind die Gemeinden — bei zusammengesetzten Gemeinden
die Gesammtgemeinden — verpflichtet, die nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen
Einrichtungen für das Feuerlöschwesen unter Berücksichtigung ihrer ökonomischen Mittel
zu treffen und zu unterhalten. Insbesondere hat jede Gemeinde die nöthigen Feuerlösch--
und Rettungsgeräthschaften anzuschaffen und im Stand zu halten, für Beschaffung von
Wasservorräthen sowie für die Organisation einer ausgerüsteten und eingeübten Lösch-
und Rettungsmannschaft (Feuerwehr) zu sorgen. Sind einzelne Gemeinden wegen beson-
derer Ausnahmeverhältnisse nicht im Stande, das Feuerlöschwesen selbständig in zweck-
entsprechender Weise einzurichten, so haben sie sich mit geeignet gelegenen Nachbargemeinden
zur Bildung eines Feuerlöschverbands zu vereinigen). — Ueber die erforderlichen
sachlichen Feuerlöscheinrichtungen entscheiden unter Beachtung der allgemeinen Vorschriften
zunächst die zuständigen Gemeindebehörden.
Der Verpflichtung zur Aufstellung einer organisirten Lösch= und Rettungsmannschaft
wird genügt entweder
1. durch Bildung einer freiwilligen Feuerwehr, welche den SLösch= und
Rettungsdienst vollständig übernimmt. Eine solche muß ihre Organisation und ihren
Wirkungskreis im Anschluß an die Bezirks= und Lokalfeuerlöschordnung (s. u.) durch ein
Statut regeln, welches der Zustimmung des Gemeinderaths und der Genehmigung des
Oberamts bedarf. Sie bildet unter dieser Voraussetzung einen Bestandtheil der öffent-
lichen Einrichtungen der Gemeinde und letztere hat die Kosten der Ausrüstung des Korps
und seiner Mitglieder mit den zum Feuerwehrdienst erforderlichen Armaturstücken und
Werkzeugen erforderlichen Falles in gleicher Weise zu tragen wie bei einer Pflichtfeuer-
wehr, auch ihre sachlichen Einrichtungen bei Brandfällen und Uebungen der Feuerwehr
zur Benutzung zu überlassen. Andererseits sind die Mitglieder verpflichtet, bei Brand-
fällen innerhalb oder außerhalb ihrer Gemeinde den Lösch= und Rettungsdienst nach
Maßgabe der Bezirks= und Lokalfeuerlöschordnung und der dienstlichen Anordnungen des
Leiters der Löschanstalten (s. u.) und der Führer der Feuerwehr zu versehen 3). Die Wahl
des Kommandanten wird durch das Oberamt (in Stuttgart durch den König), die Wahl
der Abtheilungsführer durch den Gemeinderath bestätigt?);
2. durch Aufstellung einer Berufsfeuerwehr);
3. durch Organisirung einer Pflichtfeuerwehr.
Wo nänmlich eine als genügend anerkannte freiwillige, oder eine Berufsfeuerwehr
nicht besteht, sind alle männlichen Einwohner der Gemeinde vom vollendeten 18. bis zum
1) Dieses Gesetz ist an die Stelle der Feuerlösch O. v. 1808 getreten. Vgl. auch die Vollz.Verf.
v. 31. März 1894 u. den Erl. v. 18. Mai 1894 betr. d. Beschaffenh. der Feuerlöschger. (A.Bl.
S. 192), ferner die Min Verf. v. 14. Sept. 1885 (A. Bl. S. 250) betr. die Benützung der Eisen-
bahnen bei Brandfällen u. die Kanzleifener O. v. 10. Febr. 1848.
2) Ueber die Voraussetzungen für die Bildung eines solchen Verbands entscheidet die Kreis-
regierung, in zweiter und letzter Instanz das Ministerium des Innern. Kommt eine Vereinbarung
über die Vertheilung der Kosten der gemeinsamen Feuerlöscheinrichtungen unter den Verbands-
gemeinden nicht zu Stande, so wird über dieselbe im Verwaltungsweg in der ordentlichen In-
stanzenfolge, endgiltig vom Min. d. Innern entschieden.
3) Zuwiderhandlungen unterliegen unter Umständen der in § 368 Z. 8 des Str.G.B. fest-
gesetziten Strafe. Soweit hiernach keine öffentliche Strafe eintritt, kann der Kommandant gegen
die Mitglieder wegen Verletzung der genannten Verpflichtung Ordnungsstrafen bis zu 10 Mark
verhängen, welche von dem Ortsvorsteher auf Ansuchen des Kommandanten als öffentlich-rechtliche
Ansprüche durch Pfändung vollstreckt werden.
4) L.F L.O. Art. 9—12.
5) Organisation und Wirkungzkreis derselben ist in der Lokal-Feuerlöschordnung zu regeln.
Pflichtverletzungen der Mitglieder unterliegen der für die Fälle des § 368 Z. 8 des Str.G.B. fest-
gesetzten Strafe.