891. Die Feuerpolizei. 317
vollendeten 50. Lebensjahre zum Eintritt in die Pflichtfeuerwehr, zur Dienstleistung bei
Brandfällen sowohl in der eigenen Gemeinde als in den Nachbarorten, sowie zur Theil-
nahme an den erforderlichen Uebungen und Musterungen verpflichtet 1).
Soweit es zur Bildung und Erhaltung einer vollzähligen Pflichtfeuerwehr der Inanspruch-
nahme sämmtlicher Pflichtigen nicht bedarf, können die dem Beginn oder dem Ende der Pflichtig-
keit zunächst stehenden Altersklassen sowie die Zöglinge einzelner Lehranstalten von der Ver-
pflichtung zum Feuerwehrdienst befreit werden. Auch kann unter dieser Voraussetzung einzelnen
Pflichtigen, welche aus besonderen Gründen darum nachsuchen, auf Antrag des obersten Ver-
waltungsorgans der Feuerwehr die Entbindung vom Dienst unter Ansetzung einer nach
den Vermögensverhältnissen des Betreffenden zu bemessenden Jahresabgabe von 4—20 M.
in widerruflicher Weise durch den Gemeinderath gewährt werden.
Die Mannschaft ist in sechs gesonderte Abtheilungen für die einzelnen Verrichtungen des
Lösch= und Rettungsdienstes einzutheilen. Besondere Bestimmungen gelten für die Steiger-
abtheilung. Für die gesammte Mannschaft ist ein Kommandant, für jede Abtheilung ein
Abtheilungsführer zu wählen. Der Kommandant wird von sämmtlichen Führern, in Gemeinden
von nicht mehr als 2000 Seelen aber von den Mitgliedern der Steigerabtheilnng und den
Führern der übrigen Abtheilungen gewählt. Bezüglich der Bestätigung der Wahl gilt das-
selbe wie bei der freiwilligen Feuerwehr. — Die Feuerwehr hat sich unter Leitung ihrer
Führer für ihren Dienst unentgeltlich auszubilden?) und neben den nöthigen Uebungen der
einzelnen Abtheilungen mindestens zweimal im S#- gemeinschaftliche Hauptübungen unter
Anwendung der Spritzen vorzunehmen?).
Eine Pflichtfeuerwehr (als sog. gemischte Feuerwehr) kann ferner mit einer
freiwilligen oder Berufsfeuerwehr in der Art verbunden werden, daß einzelne Verrich-
tungen des Lösch= und Rettungsdienstes, namentlich der Steigerdienst von einer freiwillig
bezw. von einer berufsmäßig mitwirkenden Abtheilung, die übrigen Funktionen dagegen
von pflichtigen Mannschaften versehen werden .
Zu der von der Gemeinde zu beschaffenden Ausrüstung der Feuerwehr gehören
sämmtliche zur Versehung des Dienstes und zum persönlichen Schutz erforderlichen Armatur-
stücke und Werkzeuge. —
Für jede Gemeinde bezw. für jeden Feuerlöschverband ist eine Lokalfeuerlösch-
ordnungd) aufzustellen, in welche die nach den örtlichen Verhältnissen erforderlichen
besondern Vorschriften und Anordnungen aufzunehmen sind. Durch diese Lok.F.L.O.
kann den sämmtlichen Gemeindeeinwohnern oder einzelnen Klassen derselben die Verpflich-
tung zu besondern Dienstleistungen oder Vorkehrungen auferlegt werden, welche nach den
örtlichen Verhältnissen zur Sicherung rascher Bekämpfung eines ausgebrochenen Brandes
dienlich sind. Frauenzimmern kann die Verpflichtung zur Theilnahme an Uebungen nicht
auferlegt werden.
Für jeden Oberamtsbezirk ist nach den Bestimmungen über die Erlassung bezirks-
polizeilicher Vorschriften 00 eine Bezirksfeuerlösch O. aufzustellen, in welcher die über
das Gebiet der einzelnen Gemeinden bezw. Feuerlöschverbände hinausgreifenden, den
1) Ausgenommen sind nur Kranke und Gebrechliche, Aerzte und Apotheker, Angehörige des
aktiven Heeres und des Landjägerkorps, Geistliche und die sonst durch öffentliche Berufspflicht Ver-
hinderten; über letzteren Fall der Verhinderung entscheidet die vorgesetzte Dienstbehörde, sonst das
Oberamt und auf Beschwerde endgiltig die Kreisregierung. Ausgeschlossen von der Theilnahme
sind Diejenigen, welchen zur Zeit die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, sowie die zur Zucht-
hausstrafe rechtskräftig Verurtheilten.
2) Ueber die Uebungen der Feuerwehren im Hilfsverband s. Min. Verf. v. 17. März 1890
(A. Bl. S. 84).
3) Vgl. Art. 14—19 a. a. O.
4) A. a. O. Art. 4. u. 20.
5) Nach den Bestimmungen der Art. 52—56 des Pol. Str. G. v. 27. Dez. 1871 über orts-
polizeiliche Statuten.
6) S. d. vor. Note.