320 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 91.
Die Eigenthümer und Inhaber von Grundstücken und Gebäuden sind verpflichtet,
bei Brand fällen den Feuerwehren den Zutritt in ihre Grundstücke und Gebäude und die
Benutzung derselben zur Vornahme der angeordneten Lösch= und Rettungsarbeiten zu
gestatten, Wasservorräthe aus ihren Grundstücken unentgeltlich für den Löschdienst zur
Verfügung zu stellen, auch ihre zum Lösch= und Rettungsdienst verwendbaren Geräthe
(Eimer, Spritzen 2c.) auf Verlangen zur Benutzung abzugeben #)). Ueber die Pflicht zum
Schadensersatz im Fall der Beschädigung solcher Löschgeräthe s. o. S. 192; ebendaselbst
auch über die Pflicht, nöthigenfalls die Beseitigung von Bäumen, Einfriedigungen 2c. 2c.
zu dulden.
Nach Beendigung des Brandes ist der Brandplatz und zwar durch Mit-
glieder der Feuerwehr noch so lange zu bewachen, bis ein Wiedererwachen des Feuers
nicht mehr zu befürchen ist. Die Abräumung und Abführung des Bauschuttes liegt da-
gegen der Gemeinde ob. Zu diesem Behuf kann der Gemeinderath sämmilichen erwachsenen
männlichen Ortseinwohnern die Leistung von Handfronen und sämmtlichen Besitzern von
Zugthieren Spannfronen auferlegen. Die Voraussetzungen dieser Fronpflicht, das Maaß
und die Vertheilung der Fronen, sowie die Höhe des etwa zugelassenen Fronloskaufs-
gelds werden im einzelnen Fall durch die Gemeindebehörde festgesetzt, sofern nicht bereits
die Lokalfeuerlöschordnung hierüber Bestimmungen getroffen hat. Wo wegen der beson-
ders großen Ausdehnung des Brandplatzes und der massenhaften Anhäufung von Brand-
schutt die Abräumung 2c. ohne fremde Hilfeleistung nach dem Ermessen der Aufsichts-
behörde nicht möglich ist, kann von dem Oberamt den mit dem Brandort im Hilfsverband
stehenden Nachbargemeinden (ohne Rücksicht auf die Grenzen des Oberamtsbezirks) die
unentgeltliche Hilfeleistung bei der Abräumung und Abfuhr des Schuttes auferlegt
werden ?).
Bei einem Waldbrand kommen die Bestimmungen der Waldfeuerordnung vom
14. Juli 1807 §§ 31— 40 zur Anwendung ?#).
C. Die Versicherung gegen Brandschäden (Feuerversicherung) ).
I. Die Gebäudebrandversicherung. In Württemberg besteht seit 1773 5) für die Ge-
bäude eine öffentliche Zwangsversicherungsanstalt, in welcher dermalen sämmtliche Gebäude
des Landes mit wenigen gesetzlich festgestellten Ausnahmen gegen Feuer, Blitzstrahl
und Explosionen, sovweit letztere nicht durch Wasserdämpfe verursacht werden, ver-
sichert werden müssen. Ihre gegenwärtige Einrichtung gründet sich auf das Gesetz vom
14. März 1853 "). Gänzlich ausgeschlossen von der Theilnahme an dieser Anstalt
sind nur Gebäude, welche weniger als 60 M. werth sind, Pulvermühlen und Pulver-
magazine und die zu militärischen Zwecken bestimmten Festungsgebäude; dagegen sind nur
von dem Zwang zum Eintritt in diese Anstalt befreit, die Eigenthümer von
Lust= und Gartenhäusern, welche nicht zur Wohnung eingerichtet sind, von Gebäuden,
welche zum Privateigenthum des Königs oder zum königlichen Hausfideicommiß gehören,
serner Gebäude, welche wegen ihrer feuergefährlichen Beschaffenheit in die 5. oder 6. Klasse
(s. u.) gehören würden und einzelne Bestandtheile von Gebäuden, welche vom Feuer nicht
1) Art. 34 a. a. O.
2) A. a. O. Art. 35.
3) A. a. O. Art. 37 u. Forstpol.G. v. 8. Sept. 1879 Art. 30 Z. 4 u. Mohl, B. I 89 256.
4) Vgl. G. Meyer, V.R. 1 S. 568; Elster im Wörterb. d. d. Verw. R. I S. 399.
5) Vgl. über das ältere Recht Mohl, II § 255 N. 1.
6) Dazu kommt die Vollz. V.O. v. 14. März. 1853, ferner das Ges. v. 4. Okt. 1865 betr.
die Vergütung des Schadens in Folge von Explosionen; und das Abänderungs G. v. 30. März 1875,
die Landes F.L.O. v. 1885 Art. 37 u. die Min,. Verf. v. 15. Mai 1875; vgl. auch Klumpp, das
württemberg. Ges. über die Gebäudebrandvers., 3. Aufl. 1881.