Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 91. Die Feuerpolizei. 321 
zerstört werden können. Bewegliche Zubehörungen, welche mit einem Gebäude so ver- 
bunden sind, daß sie einen bleibenden Theil desselben ausmachen, sind mit dem Gebäude 
zu versichern. Mit den hiernach vom Versicherungszwang ausgenommenen Gebäuden 
kann der Eigenthümer einer andern im Lande zugelassenen Versicherungsanstalt beitreten 7). 
Die Versicherung erfolgt dann nach den Vorschriften über die Mobiliarversicherung (s. u.) 
Die in die Landesversicherungsanstalt aufgenommenen Gebäude dürfen bei Strafe und 
Verwirkung der Entschädigungsansprüche an die Brandversicherungsanstalt in keiner 
andern Anstalt oder Gesellschaft versichert werden 7. 
Sämmtliche an der Versicherungsanstalt betheiligte Gebäude sind nach dem Grade 
ihrer Feuergefährlichkeit in sechs Klassen eingetheilt 30. 
Für die Ermittelung des Werths der aufzunehmenden Gebänude besteht in jeder Ge- 
meinde eine Schätzungskommission. Die Wirksamkeit der Versicherung beginnt mit dem 
Zeitpunkte des Eintrags der Schätzung in das Protokoll der Schätzungskommission ). Gegen 
die Schätzung findet, wenn der Eigenthümer nicht bei dem Oberamt die Anordnung einer 
zweiten Schätzung erlangt, die Berufung an den Verwaltungsrath statt, welcher endgiltig 
entscheidet. Eine Versicherung über den ermittelten Werth hinaus ist unzulässig, dagegen 
darf auf Verlangen des Versicherten der Versicherungsbetrag auf¾ des Schätzungsbetrags 
vermindert werden 5). 
Feuerschaden, welcher im Kriege von Freundes= oder Feindestruppen durch Befehle 
von Kommandirenden eines Truppenkorps oder einzelner Abtheilungen vorsätzlich herbei- 
geführt worden, wird nur zum dritten Theil ersetzt ). 
Die Abschätzung des Schadens erfolgt unter Leitung des Oberamts durch zwei 
beeidigte Bauverständige?). 
Die Entschädigung wird von dem Verwaltungsrath (s. u.) festgestellt, gegen dessen 
Entscheidung der Rechtsweg an das bürgerliche Gericht stattfindet 3); sie beträgt, wenn 
das Gebäude ganz abgebrannt ist, die ganze Versicherungssumme nach Abzug des Werths 
der etwa übriggebliebenen Baumaterialien. Ueberstieg erweislichermaßen der Versicherungs- 
anschlag offenbar den wirklichen gemeinen Werth, so wird nur der letztere zu Grunde 
gelegt?). Der durch die Löschanstalten verursachte Schaden an Grundstücken oder Ein- 
fassungen ist zur Hälfte von der Brandversicherungskasse und zur Hälfte von der Gemeinde- 
kasse zu vergüten 10). Die Entschädigungsgelder sind vollständig zur Wiederherstellung der 
zerstörten oder beschädigten Gebäude zu verwenden. Die Ausbezahlung erfolgt auf An- 
  
Bgl. übrigens bezüglich dieser Versicherung das Geb. Vers. Ges. a. a. O. Art. 2, Vollz.= 
V.O. 8§ 3. 
2) Die Herstellung oder der Wiederaufbau erfolgt dann aus der durch die andere Versiche- 
rungsanstalt, auszubezahlenden Entschädigungssumme; die Verwirkung tritt jedoch nur ein vorbehaltlich 
der Rechte der Unterpfandsgläubiger. Die Geldstrafe und die verwirkten Entschädigungsbeträge, 
soweit sie in die Staatskasse fließen, fallen in die Gebäudebrandversicherungskasse, Art. 42 u. 50 
a. a. O. u. Ges. v. 18. Juni 1875. 
3) Vgl. hierüber u. a. O. Art. 7 u. 16; V.O. § 5—13 u. die Bekanntm. v. 27. Jan. 1880 
(A. Bl. S. 33) u. v. 18., 22., 25. Jan. 1892 (A. Bl. S. 29—32). 
4) Vgl. hierüber u. über das Verfahren bei der Einschätzung das Geb. V.G. Art. 12—23, 52 und 
die Erl. v. 22. März u. 1. Mai 1875, 4. Juni 1877 u. 27. Nov. 1880 im A. Bl. d. Min. d. Inn. 
Ueber das in jeder Gemeinde zu führende Feuerversicherungsbuch (Brandvers. Kataster) vgl. Geb.V.G. 
Art. 9, V.O. § 14 u. die Erl. v. 3. Jan. 1854 Z. 2 u. 22. Juni 1874 (A. Bl. S. 202), 7. Juli 
1877 (A. Bl. S. 272). 
5) Art. 6, 19, 20, 23 a. a. O. 
6) A. a. O. Art. 3—5. 
7) S. hierüber a. a. O. Art. 30 u. 31 u. die Erl. v. 4. Juni 1877 (A. Bl. S. 239) und 
27. Nov. 1880 (A. Bl. S. 432). 
8) Ges. v. 16. Dez. 1876 über die Verw.Rpfl. Art. 2 -Z. 4. 
9) Vgl. im Uebrigen Art. 24—28 des Geb.B. G. 
10) A. 25 a. a. O. 
Handbuch des Oessentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 21
	        
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