322 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. §9.
weisung des Verwaltungsraths nach Maßgabe des Fortschritts des Wiederaufbaues 7).
Sie können weder mit Arrest belegt noch als Gegenstand der Zwangsvollstreckung behan-
delt werden. Der Pfandgläubiger ist berechtigt, dieselben zwar nicht zur Tilgung seiner
Forderung, aber doch zur Bewirkung der Wiedererbauung des Gebäudes in Anspruch zu
nehmen?). Das neue Gebäude ist in der Regel auf dem früheren Platze zu erbauen,
doch können Ausnahmen aus erheblichen Gründen vom Verwaltungsrath der Br.V. Anstalt
zugelassen werden, in welchem Falle jedoch, wenn auf der alten Baustelle einem Dritten
ein Unterpfandsrecht zukommt, dieser zuvor über die Aenderung zu hören ist und im
Fall seines Widerspruchs der ordentliche Richter zu entscheiden hat). Hat der Grund-
eigenthümer vorsätzlich oder durch grobe Nachlässigkeit den Brand verschuldet, so wird er
aller Entschädigung verlustig, doch schadet dies den Unterpfandgläubigern insofern nicht,
als sie nicht aus andern Mitteln des Pfandschuldners befriedigt werden können "). —
Die zur Deckung der auszubezahlenden Entschädigungen und der Kosten
der Verwaltung erforderlichen Geldmittel werden durch Umlagen auf sämmtliche ver-
sicherte Gebäudebesitzer erhoben. Die Höhe der Umlage wird alljährlich durch Ministerial-
verfügung in der Weise einheitlich festgesetzt, daß für Gebäude mit normaler (durch-
schnittlicher) Feuergefährlichkeit (3. Klasse) der einfache Versicherungsanschlag in Rechnung
genommen wird, welcher sich dann für Gebäude mit geringerer oder größerer Feuer-
gefährlichkeit vermindert bezw. erhöht. Die mit der Zahlung der Beiträge 5ö) Säumigen
werden wie säumige Steuerpflichtige behandelt .
Die Verwaltung der Brandversicherungsanstalt beforgt unter
Oberleitung des Ministeriums des Innern ein vom König ernannter, mit den Befug-
nissen eines Landeskollegiums ausgestatteter Verwaltungsrath von drei ordentlichen und
zwei außerordentlichen, zur Verstärkung des Kollegiums bei der Entscheidung von Streitig-
keiten berufenen Mitgliedern. Der Verwaltungsrath entscheidet über die Theilnahme an
der Anstalt, die Klassifizirung und den Anschlag der Gebäude und über die Größe der
Beiträge 2c. 2c. Demselben sind vier Brandversicherungs-Inspektoren beigegeben, welche
die Anschläge und die Schadenserhebungen zu überwachen, namentlich aber bei dem An-
schlage von Maschinen und gewerblichen Anstalten selbst mitzuwirken haben"). Vom
Ministerium des Innern wird mindestens alle drei Jahre eine Anzahl (15) versicherter
Gebäudeeigenthümer zusammen berufen, um die allgemeinen Angelegenheiten der Anstalt
zu berathen und dem Ministerium etwaige Wünsche bezüglich der Einrichtung und der
Verwaltung vorzutragen. Jede der 64 Amtsversammlungen wählt zu diesem Behufe
einen Gebäudeeigenthümer, aus deren Gesammtzahl dann das Ministerium obige 15 Per-
sonen beruft. Die Rechnung des Kassiers wird von der Oberrechnungskammer geprüft 5).
Mit der Anstalt in Verbindung steht die oben erörterte Centralkasse zur Förde-
rung des Feuerlöschwesens, indem die Verfügung über die Gelder dieser Kasse durch eine
1) Ueber die Ausbezahlung durch die Amtspfleger s. o.
9 4222) M/GU. Art. 125 Abs. 3, Geb. V.G. Art. 34 Abs. 2 u. Lang, W. Sach.R. 2. Aufl. B. II
ote.
3) S. hierüber Lang a. a. O. S. 432 u. 433 und im Uebrigen Art. 33—38 des Geb.V.G.;
erfolgt hiernach der Wiederaufbau nicht binnen 10 Jahren vom Tage des Brandes an, so geht der
Anspruch auf Entschädigung, soweit letztere noch nicht ausbezahlt ist, verloren.
4) Geb.V. G. Art. 32 (vgl. auch 42) u. Lang a. a. O.
5) Welche hälftig auf den 1. April u. 1. August zu leisten ist.
" 6) Geb.V.G. Art. 7, 39, 40. Die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge ist hiernach —
im Gegensatz zur Zahlung der Entschädigungssumme s. o. — eine öffentlich rechtliche.
7). Dem Vorstande des Verwaltungsraths ist der Landesfeuerlöschinspektor (s. o.) bezüglich
der Denstauficht — vorbehaltlich der Oberaufsicht des Ministeriums — untergeordnet, L. F. V. O.
rt. u. 80.
8) Vgl. auch über die Brandvers. Hauptkasse Wiedenmeyer a. a. O., S. 103ff.
