Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

334 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. I. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 95. 
Personen befugt, welche den Nachweis ihrer Befähigung durch Erstehung einer 
Prüfung erbracht haben. Ausgenommen sind jedoch Diejenigen, welche schon vor 
dem 1. Okt. 1885 das Gewerbe selbständig innerhalb des Deutschen Reichs 
betrieben haben oder vom Ministerium des Innern aus dringenden Gründen von 
der Prüfung dispensirt werden. Zur Erleichterung der Vorbereitung für die 
Prüfung werden Unterrichtskurse an der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart 
und an den in sechs Städten des Landes eingerichteten Lehrwerkstätten für Huf- 
schmiede veranstaltet ½. 
c) Die Ausübung der Weiderechte und ihre Regelung2?). Durch die Weide 
kann die Benutzung des Grundeigenthums nicht beschränkt werden; alle privat= und öffent- 
lich-rechtlichen Kulturbeschränkungsbefugnisse sind seit dem 4. April 1874 außer Wirksam- 
keit getreten; jedoch kann die Einfriedigung eines Grundstückes den Weidgang nicht hin- 
dern, vielmehr kann der Weideberechtigte, soweit der Kulturzustand des Grundstückes die 
Beweidung gestattet, die Oeffnung der Einfriedigung verlangen, wenn der Eigenthümer oder 
Nutznießer des Grundstücks nicht vorzieht, durch ein jährliches Ersatzgeld oder eine Aversal- 
abfindung angemessene Entschädigung zu leisten. Dagegen hat die Einfriedigung von 
Gärten, Obstbaumgärten und Obstbaumschulen die Freiheit von der Beweidung ohne 
Entschädigung zur Folge „). Wird ein landwirthschaftlich benutztes Grundstück in Wald 
umgewandelt, so ruht das Weiderecht, bis der Wald „fährig“ wird #/). 
Die für die Weide offene Zeit ist sowohl für das Frühjahr als für das Spät- 
jahr gemäß den Vorschriften des Weidegesetzes nach den jeweiligen Verhältnissen festzusetzen. 
Jedenfalls dürfen die Getreidefelder nicht mit Weidevieh befahren werden, ehe das 
Gewand vollständig abgeleert ist, namentlich darf dies mit Schafen erst dann geschehen, 
wenn auch die für den etwaigen Vortrieb des Rindviehs festgesetzten Tage verflossen sind 5). 
Steht das Weiderecht auf einer Markung der Gemeinde zu, so darf die 
Weide nur unter einem gemeinschaftlichen Hirten, bezw. wo mehrere Haufen gebildet 
werden, nur unter einem für jeden Haufen bestellten gemeinschaftlichen Hirten ausgeübt 
werden. Die Besitzer geschlossener Höfe und anderer vereinzelter Wohnsitze können gegen 
Verzicht auf ihren Antheil an der gemeinen Weide verlangen, daß ihre um die Ansiedlung 
gelegenen zusammenhängenden Grundstücke von der Gemeindeweide freigelassen werden und 
erhalten dann für diese Güter das Recht der Einzelbeweidung 60). — In denjenigen Gemein- 
den, in welchen eine Gemeindeweide mit anderen Viehgattungen als Schafen besteht, kann 
dieselbe durch Beschluß von Gemeinderath und Bürgerausschuß im Einverständniß von 
drei Viertheilen der der gesammten Weide unterliegenden Grundstücke, deren Antheil mehr 
als zwei Drittheile der betheiligten Fläche beträgt, in eine Gemeindeschafweide 
verwandelt werden, vorausgesetzt, daß nicht privatrechtliche Weiderechte Dritter im Wege 
stehen. — Ist ferner die auf den Gütern einer Markung haftende Weidedienstbarkeit durch 
Ablösung des bisherigen Weiderechts eines Dritten beseitigt worden, so kann die Fort- 
setzung der Ausübung der abgelösten Weide in der Eigenschaft einer Gemeindeweide 
beschlossen werden a) von der Gemeindevertretung, wenn die Ablösung auf Rechnung der 
Gemeindekasse ausgeführt wurde, b) von der zu einer Beschlußfassung über die Ablösung 
  
1) S. d. Vollz.V. §§ 3—7; über die Prüfung selbst s. §§ 1—3, 8—20. 
2) S. das Ges. v. 26. März 1873 über die Ausübung und Ablösung der Weiderechte auf 
landwirthsch. Grundstücken 2c., Vollz. V. v. 5. Juli 1873; über die Ablösung privatrechtlicher Weide- 
rechte s. o. S. 330. 
3) Vgl. a. a. O. Art. 1—7, 14. 
4) Vorbehaltlich der Ablösung nach Art. 8 Abs. 2 u. 3. 
B3 S. Art. 10 u. 11 a. a. O. auch bezüglich des Beschwerderechts. 
6) Das Nähere hierüber s. Art. 10 Abs. 4; 14 u. 31 a. a. O.
	        
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