336 Atchter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 95.
b) Die Abwehr der übrigen Viehseuchen). Das Reichsgesetz vom 23. Juni
1880 betr. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen in der Fassung der Novelle
vom 1. Mai 1894, welches in umfassender Weise das Verfahren zur Abwehr und
Unterdrückung übertragbarer Seuchen der Hausthiere — mit Ausnahme der Rinderpest
— regelt?2), hat in Württemberg durch die Ausführungsgesetzgebung theils die der
Landesgesetzgebung vorbehaltenen Ergänzungen theils mehrfache Erweiterungen erfahren 5.
Es liegen nämlich:
c) die durch das Reichsgesetz den Polizeibehörden zugewiesenen Befugnisse und
Pflichten in erster Linie den Oberämtern bezw. der Stadtdirektion Stuttgart
ob. Den Kreisregierungen dagegen ist vorbehalten die Anordnung der
Sperre eines Orts oder einer Feldmarkung, die Einstellung der Vieh= und
Pferdemärkte 2c., die Anordnung der Tödtung verdächtiger Thiere, die Anord-
nung der Untersuchung von Zuchtpferden bei dem Auftreten der Beschälseuche,
die Verhängung strengerer Absperrungsmaßregeln für Schlachtviehhöfe und
öffentliche Schlachthäuser, die Zahlungsanweisung der Entschädigung für getödtete
Thiere, die Festsetzung der nach §59 Abs. 2 des R.G. anzurechnenden Abzüge,
sowie die Prüfung und Anweisung der durch die Ausmittelung der Entschädi-
gungen entstandenen Kosten ). In den Geschäftskreis des Ministeriums des
Innern endlich fallen die Verfügungen zur Abwehr der Seucheneinschleppung
vom Ausland (R.G. 88 7 u. 8); die Bestimmungen, welche nach §8 2, 3, 5,
11, 17, 24 u. 58 des R.G. zu treffen sind und verschiedene Befugnisse bei der
Ordnung der Entschädigungs= und Kostenfrage, insbesondere auch die Vollmachts-
ertheilung zur Vertretung der Centralkasse für die Umlagebeträge der Thier-
besitzer in Rechtsstreitigkeiten über Entschädigungen 5). Die „thierärztlichen Ober-
gutachten“ sind von dem Medizinalkollegium abzugeben. Beamtete Thier-
ärzte im Sinne des Reichsgesetzes sind die Oberamtsthierärzte und der mit
den Funktionen eines solchen in einzelnen Gemeinden des Oberamts Stuttgart
betraute Lehrer der thierärztlichen Hochschule?).
6) Eine wesentliche Erweiterung des Reichsgesetzes enthält dagegen das württ. Recht in
Beziehung auf die Entschädigungsleistung. Nach dem Reichsgesetz ist nämlich
nur Entschädigung zu gewähren für die auf polizeiliche Anordnung getödteten
oder nach dieser Anordnung an der Seuche gefallenen sowie für diejenigen Thiere,
welche in Folge einer polizeilich angeordneten Impfung eingehen (R. G. 8 57). Die
Entscheidung darüber, von wem die Entschädigung zu gewähren, wie sie aufzu-
1) Vgl. Dammann a. a. O., S. 813 ff. u. Rob. Gaupp, die Viehseuchengesetzgebung,
Stuttg. 1882.
2) Vgl. auch die Instr. des Bundesraths zur Ausführung der §§ 19—29 dieses Ges. v.
12. Febr. 1881 (R. Bl. S. 207); ferner das R.G. v. 25. Febr. 1876 betr. die Beseitigung von An-
steckungsstoffen bei der Viehbeförderung auf Eisenbahnen und die Bekanntm. des Bundesraths vom
20. Juni 1886 hierzu (A. Bl. 1887 S. 28).
3) S. das württemberg. Ausf.G. v. 20. März 1881 u. die Vollz. V. v. 23. März 1881,
sowie die Bekanntm. v. 2. Juni 1881 (R.Bl. S. 196, 372) u. Min.V. v. 23. Sept. 1881 betr. die
Belohnungen der örtlichen Einbringer rc. für ihre Verrichtungen auf dem Gebiete des Viehseuchen G.
(R. Bl. S. 439) Min. Erl. v. 30. Dez. 1886 (A. Bl. 1887 S. 21) u. Min.V. v. gl. Tag betr. An-
ordnung der Desinfektion der Eisenbahnviehtransportwagen (A.Bl. 1887 S. 33); Min. V. v. 6. April
1884 betr. die Ausfuhr seuchekranker oder verdächtiger Thiere (A. Bl. S. 181); M.V. v. 17. Jan.
1893 betr. die Influenza der Pferde; Ges. v. 31. Mai 1893 betr. die Entschäd. für an Maul= u. Klauen-
seuche gefallenes Rindvieh u. Vollz. V. v. 5. Juni 1893 (R. Bl. S. 123).
4) Vollz. V. v. 23. März 1881 § 3.
5) A. a. O. § 2.
6) A. a. O. 88§ 4 u. 8.