350 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 99.
Kammern weder auf ihre Mitglieder noch auf die Angehörigen des Kammerbezirks beschränkt.
Das Amt der Beiräthe ist ein Ehrenamt; nur für Reiseaufwand erhalten sie Entschädigung ½).
Das Ministerium kann der Zentralstelle einen ständigen Kommissär mit berathender Stimme
beiordnen und die Zahl der Beiräthe bis zum vierten Theil der festgestellten Zahl ver-
mehren.
Der Geschäftskreis der Zentralstelle umfaßt die sämmtlichen Vorkehrungen
zur Beförderung von Gewerbe und Handel, welche in der Aufgabe der Staatsbehörden
liegen. Sie besorgt insbesondere die Begutachtung der auf Gewerbe und Handel, auf die
Zoll= und Schifffahrtsverhältnisse sich beziehenden Gesetze, Verordnungen und Verfügungen,
sowie der Maßregeln in Betreff des innern und des internationalen Verkehrs; sie sorgt
für die Verpflanzung der Fortschritte des Auslandes auf die einheimische Industrie, für
die Verbreitung gewerblicher, technischer und merkantiler Kenntnisse und beschäftigt sich mit
den Erfordernissen der Volksbildung für Gewerbe und Handel im Allgemeinen; sie fördert
die Gewerbethätigkeit durch Ausstellungen, Preisvertheilungen und Maßregeln für die Hebung
des Waarenabsatzes, sowie durch Maßnahmen in Beziehung auf die sittliche und ökonomische
Lage des Arbeiterstandes; sie erhebt und bearbeitet die statistischen Notizen im Gebiete
des Handels und des Gewerbes und berathet die anderen Staatsbehörden bei ihrer Thätig-
keit auf diesem Gebiete?).
Neben dem Gesammtkollegium der Zentralstelle besteht der Verwaltungsausschuß,
zusammengesetzt aus dem Vorstand und den vom König berufenen Mitgliedern der Zentral-
stelle. Dieser hat die Geschäftes) insoweit zu besorgen, als nicht eine Beschlußfassung des
Gesammtkollegiums einzutreten hat. Letzteres ist der Fall in Beziehung auf
wichtigere allgemeine Einrichtungen und Anordnungen, wie z. B. die Begutachtung aller
wichtigeren volkswirthschaftlichen, gewerblichen oder kommerziellen Fragen 2c. und in Be-
ziehung auf die Etats für die Beförderung von Gewerbe und Handel und auf die Verwen-
dung der hierfür bestimmten Staatsmittel.
Der Verwaltungsausschufß bildet ferner die technische Aufsichtsbehörde für die Geschäfts-
führung und die ordnungsmäßige Unterhaltung der Aichämter des Landes. Er hat dafür
zu sorgen, daß von denselben die technischen Vorschriften gehörig beobachtet werden. Insbe-
sondere hat er die Hauptnormale in Verwahrung und hat nach denselben die Kontrollnormale
der Aichämter, soweit sie nicht von der Normalaichungskommission des Reichs geliefert
werden, herzustellen und deren Richtigkeit zu überwachen, auch liegt ihm die periodische
Untersuchung der Aichämter und das Erkenntniß über die Befähigung der anzustellenden
Aichmeister ob?).
Aus der Zahl der Mitglieder des Verwaltungsausschusses werden auch die
nach § 1395 der Gew.O. von der Landesregierung zu bestellenden Gewerbeinspek-
toren berufen. Sie bleiben Mitglieder dieses Ausschusses und sind wie die
einem jeden von ihnen beigegebenen und zunächst untergeordneten Gewerbeinspektions-
assistenten der Dienstaufsicht der Centralstelle unterstellt. Das Land ist jetzt in drei
Gewerbeinspektionsbezirke eingetheilt 00). Die Gewerbeinspektoren haben, neben den
1) S. hierüber den Min. Erl. v. 20. Sept. 1865.
2) Vgl. hierüber die Verf. v. 15. April 1875 § 1 u. 2, die M.V. v. 1. Dez. 1883 § 4 u.
die M.B. v. 15. Sept. 1885 § 1.
3) Soweit sie nicht nach §§ 12 u. 17 a. a. O. von dem Vorstand allein oder unter Zuziehung
der ordentlichen bezw. technischen Referenten erledigt werden.
4) A. a. O. § 14. Ungleich schärfer tritt der Unterschied zwischen dem Verwaltungsausschuß
als Königl. Behörde und dem Gesammtkollegium als Vertretungskörper in dem Statut der Central-
stelle für die Landwirthschaft (s. o. S. 339) hervor.
5) Königl. V.O. v. 26. Jan. 1871, M.V. v. 20. Mai 1871 (R.Bl. S. 69, 129).
6) Der dienstliche Wohnsitz der drei Inspektoren und ihrer Assistenten ist bis auf Weiteres