354 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. II. Die Verwaltg. d. inneren Angelegenheiten. § 100.
mit Wirthschaftsbetrieb stattfinden ). In der Charwoche, an den Sonntagen der Ad-
vents= und Fastenzeit, an Oster= und Pfingstsonntag, am Christfest, am Fronleichnam-
und am evangelischen Landesbußtag dürfen öffentliche Tanzbelustigungen gar nicht erlaubt
werden?). Bei der Ertheilung der polizeilichen Erlaubniß zu öffentlichen Tanzbelusti-
gungen ist der Ausschluß junger Leute unter 16 Jahren in der Regel zur Bedingung
zu machen 3).
4. Die polizeilichen Beschränkungen in Beziehung auf Schau-
spiele, Schaustellungen, musikalische u. deklamatorische Vor-
träge 2c. gründen sich ausschließlich auf das Reichsrecht, nämlich auf die G.O. 88§ 32,
33 u. 337, 55 Z. 4, 60; 147 Z. 10.
5. Bekämpfung der Spielsuchtz). Die öffentlichen Spielbanken
sind durch das R.G. v. 1. Juli 1868 aufgehoben und den Landesregierungen ist die
Duldung neuer Unternehmungen dieser Art untersagté). Ferner unterliegt nach dem
Str. G. 88 284 u. 285 gerichtlicher Strafe, wer aus dem Glücksspiel)) ein Ge-
werbe macht oder wer als Inhaber eines öffentlichen Versammlungsortes (namentlich
einer Wirthschaft) Glücksspiele gestattet oder zur Verheimlichung derselben mitwirkt.
Gewohnheitsmäßige Spieler dagegen werden nach § 361 Z. 5 des Str.G. B. bestraft.
Das Veranstalten von Glücksspielen mittels sog. Glücksbuden (Glückshafen) auf öffent-
lichen Wegen, Straßen u. Plätzen oder in öffentlichen Versammlungsorten bedarf nach
#§ 360 3. 14 des Str.G.B. der polizeilichen Erlaubniß (und zwar des Oberamts); jede
andere Art von öffentlicher Veranstaltung von Glücksspielen ist dagegen in Württemberg
unbedingt untersagt 3). Von dem Verbot des Absatzes von Waaren im Unherziehen
mittels Glücksspiels oder (öffentlicher) Ausspielung (Gew.O. 8 56-°)9) können in Württem-
berg von den Oberämtern bezw. Kreisregierungen bei Gelegenheit und über die Dauer
von Volksfesten, Märkten 2c. Ausnahmen für den Absatz geringwerthiger Gegenstände gestattet
werden. Wandergewerbescheine dürfen aber für diesen Zweck nicht ausgestellt werden 10).
Die Lotterie behufs Ausspielung unbeweglicher Sachen ist verboten; für die
Ausspielung anderer Gegenstände bedarf es der obrigkeitlichen Erlaubniß 11).
Nähere Bestimmungen über die Erlaubniß zur Veranstaltung einer öffentlichen
Ausspielung oder Lotterie, insbesondere über die Zuständigkeit hierzu und über die Vor-
1) Eine Ausnahme findet übrigens statt, soweit an einzelnen Badeorten vermöge Herkommens
oder ausdrücklicher Erlaubniß an Sonntagen getanzt werden darf. Aber auch soweit das Tanzen
an Sonntagen gestattet ist, darf damit erst nach dem Schluß des Nachmittagsgottesdienstes begonnen
werden.
2) Vgl. die Königl. V.O. v. 27. Dez. 1871 §§ 9 u. 10, Schicker's P. Str. G. S. 335
und wegen der für die Erlaubnißertheilung zu entrichtenden Sportel das Sp.G. v. 1887 Tarif Nr. 75.
3) Hierüber und über die Ausnahmen vagl. Min. Erl. v. 10. Dez. 1883 (A. Bl. S. 353) u. M. E.
v. 17. Juni 1892 in Boscher's 3. XXXV S. 383.
4) Sowie auch die württemberg. Vollz. V. hierzu v. 9. Nov. 1883 8§ 7, 13, 14, 20—23, 55
u. 73, Sporteltar. v. 1887 Nr. 65, vgl. auch Appelius zu den angef. Paragraphen der Gew.O.
und Wörterb. d. d. V. R. II 457, 625.
5) Wörterb. d. d. V. R. II S. 457 u. S. 55 ff.
6) Vgl. auch bezüglich der Inhaberpapiere mit Prämien das R. G. v. S. Juni 1871.
7) Glücksspiel ist ein Spiel, bei welchem die Entscheidung über Gewinn oder Verlust allein
oder doch wesentlich dem Zufall überlassen ist.
8) M.V. v. 23. Nov. 1872 8§ 7 u. 8, s. auch Schicker, S. 124.
9) Ueber diesen Begriff f. die R.G.E. v. 15. Febr. 1887 im A.Bl. S. 219.
10) Vollz. V. v. 9. Nov. 1883 § 58 u. Min. Erl. v. 17. Jan. 1884 betr. Ausspielungen 2c.
(A. Bl. S. 57).
11) M.V. v. 23. Nov. 1872 §§ 1 u. 2. Ueber das Verbot des Verkaufs von Lotterieloosen
in gimherziehen und auf öffentlichen Straßen und Plätzen innerhalb des Wohnorts s. Gew.O. 88 56,
6, 56 a u. 42a.