8 100. Die Sittenpolizei. 355
aussetzungen der Ertheilung enthält die S. 354 N. 8 angef. Verf. v. 23. Nov. 1872,
§§ 2—5 1). Gesuche um Zulassung auswärtiger d. h. aller nicht württemb. Lotterien
sind an das Ministerium des Innern zu richten: der Lotterieplan ist vorzulegen und
ein in Württemberg wohnender Hauptagent zu bezeichnen, die in Württemberg abzu-
setzenden Loose müssen mit dem Stempel der Stadtdirektion Stuttgart oder eines bei
der Genehmigung zu bezeichnenden Oberamts versehen sein ꝛc.?).
6. Die Abwehr der Thierquälerei. Im Anschluß an die Straf-
androhung des Str.G. B. § 360 Z. 133) unterwirft der Art. 7 Z. 2 des Pol. Str.G.
v. 1871 der Strafe des § 360 auch Denjenigen, welcher außerhalb der Fälle dieses Para-
graphen den zum Schutz von Thieren gegen Mißhandlungen erlassenen Vorschriften zuwider-
handelt. Solche Vorschriften sind enthalten a) in der Min. Verf. v. 17. März 1876
betr. das Sammeln von Froschschenkeln (R. Bl. S. 146) und b) in der Min Verf.
v. 20. März 1877 betr. den Transport der zum Schlachten bestimmten Kälber (R. Bl.
S. 31).
7. Die Sonntagsruhe. Die Einstellung des Gewerbebetriebs an Sonn= u. Fest-
tagen") ist jetzt reichsgesetzlich durch die Novelle zur Gew. O. v. 1. Juni 1891 geregelt,
indem zunächst nach § 55“ der letzteren der Gewerbebetrieb im Umherziehen, soweit er
unter § 55 Abs. 1 Z. 1—3 fällt, sowie der Gewerbebetrieb der unter § 420 der Gew.O.
fallenden Personen, welche Waaren oder Leistungen auf öffentlichen Wegen, Straßen
oder Plätzen 2c. oder ohne vorgängige Bestellung von Haus zu Haus anbieten oder an-
kaufen, an Sonn= u. Festtagen vorbehaltlich der von den unteren Verwaltungsbehörden
zugelassenen Ausnahmen 5) verboten ist 5). Außerdem hat das angeführte Gesetz, da dem
Reich die Gewerbepolizeigesetzgebung in vollem Umfang zusteht, die Frage der Sonn-
tagsruhe der gewerblichen Arbeiter d. h. hier der Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Betriebs-
beamten, Werkmeister, Techniker und Fabrikarbeiter in den Paragraphen 105, 1054“, 105b,
105-, 105, 105°, 105“, 105h, 1051 vom gewerbepolizeilichen Standpunkt aus eingehend
geregelt. Von diesen Paragraphen sind jedoch bis jetzt nur die auf das Handelsgewerbe
bezüglichen auf Grund der Kaiserl. V.O. v. 28. März 1892 seit dem 1. Juli 1892
in Kraft getreten, während für alle andern Gewerbe zur Zeit noch der § 105 Abfs. 2
der früheren Fassung der Gew.O. gilt!).
Im Uebrigen gehört, von der Gewerbepolizei abgesehen, die Regelung der Sonn-
tagsfeier nicht in das Gebiet der Reichs= sondern der Landesgesetzgebung. Letztere um-
1) Vgl. auch die Min. Erl. v. 18. Febr. 1882 (A. Bl. S. 81) u. v. 14. Aug. 1883 (A. Bl.
S. 196), und über die für die Konzession zu entrichtende Accise das Accise-Ges. v. 18. Juli 1824.
Daneben wird nach dem R.. v. 1. Juli 1881 u. 29. Mai 1885 eine Reichsstempelabgabe erhoben;
vgl. auch Min. Erl. v. 4. Jan. 1892.
2) S. d. M.V. v. 15. Jan. u. 31. März 1880 (R. Bl. S. 69 bezw. A. Bl. S. 135) u. vom
9. Mai 1881 (A.Bl. S. 163) u. v. 10. März 1882 (A. Bl. S. 183); P. Str.G. Art. 7 Z. 3, Schicker
S. 10 f., 354 ff.
3) S. Olshausen zu dieser Stelle.
4) Die für die Sonntagsruhe in Betracht kommenden Festtage — welche wohl zu unter-
scheiden sind von den „bürgerlichen Feiertagen" im Sinne der Königl. V.O. v. 28. Juni 1849 und des
A.G. zum D. G. V. G. Art. 35 — sind im § 1 der Königl. V.O. v. 27. Dez. 1871 geregelt; es gehören
dahin nur das Christfest, Neujahrsfest, Erscheinungsfest, Karfreitag, Christi Himmelfahrt und für
Katholiken Fronleichnam und Mariä Himmelfahrt.
5) Solche Ausnahmen können in Württemberg für den Verkauf von Eßwaaren, anderen als
geistigen Getränken und von Blumen außer der Zeit des vormittägigen Gottesdienstes vom Orts-
vorsteher, im Uebrigen vom Oberamt zugelassen werden. Vollz.V. v. 26. März 1892 § 2, vgl.
auch Appelius zu § 59 der Gew.O. Nr. 19.
6) Vgl. auch den Min. Erl. v. 16. April 1892 im A Bl. S. 101 u. Appelius zu den
§§ 105 ff. der Gew.O.
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