Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

8 102. Die Volksschule und ihre Organisation. 363 
Grundsatze bestimmt sich dann auch die Zuständigkeit des evang. Konsistoriums bezw. des 
kath. Kirchenraths für die betreffende israelitische Volksschule ½. 
VI. Verwandte Schulanstalten. Aehnliche Zwecke wie die Volksschule, wenn 
auch nur theilweise mit Schulzwang, verfolgen nachstehende Lehranstalten?: 
a) die Kleinkinderschulen ( zu welchen auch die Kinderbewahranstalten gehören). 
In diesen finden noch nicht schulpflichtige Kinder Aufenthalt, Aufsicht, nach Umständen die nöthige 
Pflege und einen ihrer Fassungskraft angemessenen Unterricht. Allgemeine Vorschriften bestehen 
für dieselben nicht. 
b) Die Arbeitsschulen. In denselben werden die schulpflichtigen Kinder — meistens 
nur die Mädchen — außer den gewöhnlichen Schulstunden mit Arbeiten beschäftigt, welche, von 
den sog. weiblichen Arbeiten abgesehen, nach den örtlichen Verhältnissen verschieden sind. Diese 
Schulen stehen unter der Aufsicht der Ortsschulbehörde. Ein Zwang zum Schulbesuche besteht 
nur für die sog. Armenindustrieanstalten für verwahrloste und für die Kinder solcher 
Eltern, welche in öffentlicher Unterstützung stehen. Diese sind der Königl. Armenkommission (s. o. 
S. 287) unterstellt . 
c) Die Winterabendschulen, zur Fortbildung der aus der Volksschule Entlassenen, 
welche nach Art. 2 der Volksschulnovelle vom 6. Nov. 1858 an der Stelle der Sonntagsschulen 
(s. o.) errichtet werden können). 
d) Die landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen und zwar 
a)für sonntagsschulpflichtige Jünglinge (s. o. IV), welche dafür vom Besuche 
der Sonntagsschule, bezw. der obligatorischen Winterabendschule (c) befreit sind und in der 
Fortbildungsschule hauptsächlich in den für das bürgerliche Leben erforderlichen Volksschul- 
fächern, einschließlich der Realien, jedoch mit besonderer Berücksichtigung der Landwirthschaft, 
unterrichtet werden; 
8) für die reifere, nicht mehr sonntagsschulpflichtige Jugend, vorzugsweise für den 
Unterricht in den landwirthschaftlichen Fächern. 
In Verbindung mit diesen Schulen stehen die regelmäßigen Abendversammlungen Er- 
wachsener und die Lesevereine zu landwirthschaftlicher Belehrung. Diese Institute stehen 
zunächst unter der Pflege der landwirthschaftlichen Bezirksvereine. Die Aufsicht führt unter der 
Oberaufsicht des Kultusministeriums die Centralstelle für die Landwirthschaft (s. o. S. 339), bei 
welcher wegen des Zusammenhangs dieser Einrichtungen mit der Volksschule eine besondere, 
durch je ein Mitglied aus den beiden Oberschulbehörden verstärkte Kommission für die 
landwirthschaftlichen Fortbildungsschuler besteht. Diese sucht durch Geld- 
beiträge an die Gemeinden zur Einrichtung und Unterhaltung solcher Fortbildungsschulen, Ab- 
gabe von belehrenden Schriften, Absendung von Wanderlehrern in die Bezirke 2c. für den land- 
wirthschaftlichen Unterricht 2c. zu wirken ?). 
e) Die gewerbblichen (bezw. kaufmännischen) Fortbildungsschulen sollen der 
gewerblichen Jugend beiderlei Geschlechts lüber 14 Jahren) in einem freiwilligen und unter 
Bezahlung von Schulgeld besuchten Unterricht die zu einem rationellen Betriebe im Gewerbe, 
Handel und Haushalt nöthige theoretische bezw. artistische Ausbildung theils in den Tages- 
stunden, theils in den Feierabendstunden, sowie am Sonntage (Sonntagsgewerbeschulen) ermög- 
lichen. Sie stehen zunächst unter örtlichen Aufsichtsbehörden, weiterhin aber unter einer beson- 
deren, dem Ministerium des Kirchen= und Schulwesens untergeordneten Kommission, welche unter 
dem Vorsitze des Vorstandes der Centralstelle für Handel und Gewerbe aus Mitgliedern dieser 
Centralstelle und der Oberschulbehörde, sowie aus dem Vorstande der Kunstgewerbeschule zu- 
sammengesetzt ist. Unter der Aufsicht dieser Kommission stehen auch die weiblichen Fortbildungs- 
schulen und die Frauenarbeitsschulen. Außerdem liegt derselben die Fürsorge für geeignete 
Lehrmittel und für Heranbildung von Zeichenlehrern, sowie die Leitung der Visitation des 
Zeichenunterrichts in sämmtlichen Volks= und Mittelschulen (A und B) obo). An diesen Fort- 
bildungsschulen werden auch die freiwilligen Lehrlingsprüfungen vorgenommen?). 
  
1) M.V. v. 30. Juli 1829, NormErl. v. 2. Sept. 1831, M.V. v. 8. Mai 1851; Schulges. 
v. 1836 Art. 74. 
2) S. über solche Anstalten im Allgemeinen G. Meyer a. a. O. S. 237. 
3) Vgl. auch Z.-Huzel § 749ff. 4) Z.-Huzel § 752. 
5) Vgl. die M. . v. 24. Jan. 1865 u. 1. Febr. 1866. 
6) Staats db. v. 1894, S. 706. Vgl. auch über die Pflicht zum Besuch dieser Schulen 
§ 120 der Gew.O. in der Fassung vom 1. Juni 1891. 
7) S. d. Bekanntm. des Min. d. Innern und der Kirche und Schulwesens v. 16. Sept. 1885.
	        
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