Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

24 Dritter Abschnitt: Die natürlichen Grundlagen des Staats. II. Die Staatsangehörigen. § 5. 
Württemberg ist durch den Erlaß des Ministeriums des Innern vom 31. Januar 1881, 
welcher das Verfahren bei der Naturalisation regelt, nur noch der weitere Nachweis gefordert, 
daß der zu Naturalisirende bereits aus seinem bisherigen Staatsverband entlassen sei oder 
im Fall seiner Naturalisation sofort werde entlassen werden, oder daß nach der Gesetzgebung 
seines bisherigen Heimathstaats durch die Naturalisation in Württemberg seine bisherige 
Staatsangehörigkeit von selbst aufhöre. Doch kann das Ministerium des Innern von diesem 
Erfordernisse im einzelnen Fall dispensiren. Angehörige der im österreichischen Reichsrath 
vertretenen Länder können nur auf Grund amtlicher Bescheinigung darüber, daß sie bereits 
aus dem österreichischen Staatsverband ausgeschieden seien, naturalisirt werden ¹). — Der 
Nachweis, daß der zu Naturalisirende von einer bestimmten Gemeinde die vorläufige 
Zusicherung der Aufnahme in das Gemeindebürgerrecht erhalten habe, ist jetzt in Württem- 
berg nicht mehr erforderlich ²). Ebenso wird der Erwerb der Staatsangehörigkeit seitens der 
Ausländer durch die Ableistung des Huldigungseids, welchen nach § 20 der V. U. jeder in 
den Staatsverband neu Aufgenommene bei der Aufnahme abzuleisten hat, nicht bedingt. — 
Für die Ertheilung der Naturalisationsurkunde ist eine Sportel von 20 Mark an die 
Staatskasse zu entrichten ³), wogegen die Ertheilung der Aufnahmeurkunde nach dem 
Reichsgesetz kostenfrei erfolgen muß ⁴). 
Die Verleihung und zwar sowohl die Aufnahme als die Naturalisation kann auch 
stillschweigend, d. h. ohne Ertheilung einer Urkunde erfolgen, wenn nämlich Jemand, 
der dem Staat bisher nicht angehört hat, in dem unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst 
(bezw. Reichsdienst) oder in dem Kirchen-, Schul- oder Kommunaldienst angestellt wird 
und wenn er für diese Anstellung eine von der Regierung oder von einer Central- oder 
höheren Verwaltungsbehörde eines Bundesstaats vollzogene oder bestätigte Bestallung erhält ⁵). 
Diese vertritt dann die Stelle der Aufnahme- oder Naturalisationsurkunde, sofern nicht das 
Gegentheil in ihr selbst durch Vorbehalt der bisherigen Staatsangehörigkeit ausgedrückt 
wird (§ 9 a. a. O.). Wird ein Ausländer im Reichsdienst angestellt, so gilt derselbe in 
demjenigen Bundesstaat als naturalisirt, in welchem er zur Zeit dieser Erlangung der 
Reichsangehörigkeit den dienstlichen Wohnsitz hat ⁶). Hat er den Wohnsitz im Auslande, so 
bewirkt zwar seine Anstellung den Erwerb einer deutschen Staatsangehörigkeit nicht ⁶), da- 
gegen ist jetzt jeder Bundesstaat verpflichtet, ihm auf Verlangen die Naturalisationsurkunde 
zu ertheilen, wofern er ein Diensteinkommen aus der Reichskasse bezieht ). 
II. Verloren wird die Staatsangehörigkeit A. aus familienrechtlichen Gründen: 
1. bei unehelichen Kindern durch Legitimation (s. o.), wenn der Vater einem 
andern Staate angehört, als die Mutter ⁸); 
2. durch Verheirathung einer Deutschen mit dem Angehörigen eines andern 
Bundesstaats oder mit einem Ausländer ⁹); 
1) Beschluß des Bundesraths v. 1877 (M. E. v. 4. Juli 1877, A. Bl. S. 270) und die M. E. 
v. 31. Jan. 1881 u. v. 13. Juli 1888 (A. Bl. 225); dasselbe gilt auch gegenüber türkischen Unter- 
thanen, s. Reger, V S. 217; auch Laband, R. St. R. I 162 N. 1 u. 2. 
2) Seit dem G.A.G. v. 1885; vgl. auch R.G. v. 20. Dez. 1875 und Fleischhauer im 
A. Bl. d. M. d. J. 1885, S. 369 und R. Gaupp, V. U. 2. Aufl., S. 20. 
3) Allg. Sp.Ges. v. 14./16. Juni 1887, Tarif Nr. 69. 
4) R.G. a. a. O. 8 24. 
5) Dies findet auch Anwendung auf die Anstellung eines Ausländers oder Angehörigen eines 
andern Bundesstaats als activer Offizier des württ. Armeekorps; das Patent gilt hier als Bestallung: 
s. E. d. M. d. J. v. 7. Okt. 1884 (A. Bl. S. 373); s. auch Laband, I 162 N. 3. 
6. A. a. O. § 9. 
7. Nämlich seit dem R.G. v. 20. Dez. 1875. Hat der im Reichsdienst Angestellte seinen 
Wohnsitz in einem Schutzgebiete, so kann er sich die Naturalisation auch vom Reichskanzler ertheilen 
lassen. R.G. v. 15. März 1888, § 6. 
8) § 13, Nr. 4 des angef. Ges. 
9) § 13, Nr. 5 a. a. O. 
 
	        
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