Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 105. Die Hochschulen und andere akademische Anstalten. 369 
in die Minist. Verf. v. 17. Juni 1885 überging 1). Diese Anstalt, welche dem Kultus- 
ministerium unmittelbar untergeordnet ist, bezweckt die wissenschaftliche Ausbildung von 
Technikern durch systematischen Unterricht. Sie gliedert sich in sechs nebeneinanderstehende 
Abtheilungen: für Architektur, für Bauingenieurwesen, für das Maschinen- 
ingenieurwesen, für die chemische Technik, für Mathematik und Natur- 
wissenschaften, für allgemein bildende Fächer. In letzterer besteht eine Unter- 
abtheilung für Kandidaten des höheren Eisenbahn-, Post= und Telegraphendienstes. Als 
Aufnahmealter ist in der Regel das zurückgelegte 18. Lebensjahr bestimmt. Der Nach- 
weis der Reife muß für die drei zuerst genannten Abtheilungen durch die Erstehung der 
Abiturientenprüfung von einer zehnklassigen württemb. Realanstalt oder einem Nealgym- 
nasium geführt werden; für die übrigen Abtheilungen genügt auch die Abiturientenprüfung 
an einem humanistischen Gymnasium. Nach Vollendung der Studien ist den Studiren- 
den Gelegenheit gegeben, in den einzelnen Abtheilungen durch eine alljährlich stattfindende 
Diplomprüfung ein Zeugniß über ihre Fachbildung zu erlangen?. 
Die Anstalt steht unter der Leitung eines Direktors, welcher auf den Vorschlag des 
Lehrerkonvents vom König auf die Dauer eines Schuljahres ernannt wird, des aus den Vor- 
ständen der sechs Abtheilungen zusammengesetzten Lehrerausschusses und des Lehrer- 
konvents, welcher aus der Gesammtheit der Hauptlehrer und aus weiteren, durch besondere 
Verfügung berufenen Mitgliedern besteht. Im Lehrerausschusse und Lehrerkonvent führt der 
Direktor den Vorsitz. Für die unmittelbare Verwaltung 2c. ist der Anstalt ein vom König er- 
nannter Verwaltungsbeamter beigegeben, welcher auch die Disziplinaruntersuchungen gegen 
Studirende zu führen hat. Die zulässigen Disziplinarmittel sind: Verweis, Geldstrafe bis zu 
10 Mark, geschärfter Verweis, Karzerstrafe bis zu 14 Tagen, Entziehung des Genusses von 
Benefizien und Stipendien, Ausschluß aus der Anstalt. Die Strafgewalt des Direktors geht 
bis zu 10 Mark und bis zu drei Mal 24 Stunden Karzer, diejenige des Lehrerausschusses auf 
die höhere Karzerstrafe, während der Lehrerkonvent über die Entziehung von Benefizien und 
Stipendien und über die Rekurse gegen die Strafverfügungen des Lehrerausschusses zu er- 
kennen hat 5). 
3. Die landwirthschaftliche Anstalt in Hohenheim") für die wissenschaftliche Aus- 
bildung von Landwirthen. Auch diese Anstalt ist dem Kultusministerium unmittelbar 
untergeordnet 5). Ihre gegenwärtige Organisation beruht auf den Minist. Verff. vom 
15. Juni und 9. Sept. 1865. Der vollständige landwirthschaftliche Kurs mit Hilfs- 
fächern umfaßt vier Semester. 
Für die Studirenden gelten dieselben Disziplinarvorschriften wie für die Universitäts- 
studirenden, namentlich auch hinsichtlich des Schuldenwesens #). Eine freiwillige Abgangsprüfung 
(„Diplomprüfung") ist durch die M.Vf v. 5. Juli 1867 und 22. Juni 1870 eingeführt. 
Daneben bestehen in der Anstalt: eine Ackerbauschule, auf 25 Zöglinge mit dreijähriger 
Lehrzeit berechnet, welche in der Gutswirthschaft als Arbeiter verwendet werden, eine Garten- 
bauschule, für 6 Zöglinge mit einjähriger Lehrzeit; besondere, theils regelmäßige, theils 
außerordentliche landwirthschaftliche Lehrkurse für Schäfer 2c., namentlich aber die Kurse im 
Obstbau, sowie für Brenner. Als praktische Betriebe für diese Schulanstalten bestehen die 
  
1) Ueber die früheren Verhältnisse der Anstalt bis zu der Verf. v. 2. Jan. 1840 vgl. 
Mohl, II S. 409 und über die spätere Entwickelung die nun antiquirten M.V. v. 16. April 1862 
u. 18. Juli 1870; über die neuesten Titulaturen s. d. M.V. v. 25. Febr. 1890 u. 22. Dez. 1891. 
2) Für die Zulassung zu den Staatsprüfungen im Bau-- und Maschinenfach sind die tech- 
nischen Hochschulen von Württemberg, Preußen, Bayern, Sachsen, Baden, Hessen und Braunschweig 
sich gegenseitig gleichgestellt; s. die Bekanntm. v. 12. Dez. 1887, 29. März, 22. Juni und 
6. Sept. 1888. 
3) Vgl. das angef. Statut v. 21. Aug. 1876 8§ 23 ff., 33 ff., 48 ff. 
4) Ueber die Gründung dieser Anstalt durch Königl. V.O. v. 21. Aug. 1818 vgl. Mohl, 
II S. 410. Ueber die neueste Uebertragung des forstwirthschaftl. Unterrichts an die Universität 
Tübingen s. o. S. 368 N. 1. 
5) M.V. v. 8. Nov. 1883. 
6) Min. V. v. 5. Juli 1867. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 24
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.