§ 5. Der Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. 25
B. durch Entlassung. Diese ist, wie die Verleihung, ein zweiseitiges Rechtsgeschäft,
welches die Willensübereinstimmung der beiden Parteien ¹) erfordert, und zu seiner Per-
fection der Schriftform, nämlich der Ausfertigung und Zustellung einer Urkunde seitens der
höhern Verwaltungsbehörde des Heimathstaats, in Württemberg der Kreisregierung bedarf ²).
Der Verlust der Staatsangehörigkeit tritt mit dem Zeitpunkte der Aushändigung der Urkunde
ein. Sie erstreckt sich wie die Verleihung auch auf die noch der familienrechtlichen Gewalt
des Entlassenen unterworfenen minderjährigen Kinder, soweit nicht eine Ausnahme festgesetzt
ist ³). Die Entlassung wird unwirksam ⁴), wenn der Entlassene nicht binnen sechs Monaten
vom Tag der Aushändigung der Entlassungsurkunde an entweder seinen Wohnsitz außerhalb
des Landesgebiets verlegt, oder die Staatsangehörigkeit in einem andern Bundesstaate er-
wirbt ⁵). Im Uebrigen ist zu unterscheiden
1. die Entlassung zum Zwecke der Uebersiedelung innerhalb des Bundesgebiets
muß (entsprechend der Aufnahme) jedem Staatsangehörigen auf seinen Antrag ⁶)
ertheilt werden, wenn er nachweist, daß er in einem andern Bundesstaate die Staats-
angehörigkeit erworben habe (§ 15 Abs. 1 a. a. O.) ⁷);
2. die Entlassung behufs der Auswanderung aus dem Reich (also mit Verlust
der Reichsangehörigkeit) darf nicht ertheilt werden solchen Personen, welche sich
durch die Entlassung ihrer Militärpflicht entziehen wollen, nämlich ⁸ )
a) Wehrpflichtigen im Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 20. Lebens-
jahre, wenn sie nicht ein Zeugniß der Kreisersatzkommission beibringen, daß sie
die Entlassung nicht bloß in der Absicht nachsuchen, um sich der Dienstpflicht zu
entziehen ⁹);
b) Militärpersonen, welche zum stehenden Heer oder zur Flotte gehören, Offizieren
des Beurlaubtenstandes und Beamten, bevor sie aus dem Dienst entlassen sind;
c) den zur Reserve des stehenden Heers oder der Marine, zur Land- und Seewehr
ersten Aufgebots sowie den zur Ersatzreserve und Marineersatzreserve gehörigen
und nicht als Offiziere angestellten Personen, nachdem sie zum activen Dienst ein-
berufen sind (Mannschaften der Land- und Seewehr zweiten Aufgebots bedürfen
keiner Erlaubniß zur Auswanderung ¹⁰).
Eine Dispensation von dieser Vorschrift ist nicht zulässig, andererseits darf, wenn keines
dieser Hindernisse entgegensteht, die Entlassung nicht verweigert oder an erschwerte Be-
dingungen geknüpft ¹¹), auch darf für die Ertheilung der Entlassungsurkunde nicht mehr als
1) Also wenn der Antragsteller nicht dispofitionsfähig ist, Zustimmung des Vaters, Vormunds
oder Curators, in Württemberg nach §§ 4 u. 6 der V. O. v. 15. Aug. 1817 außerdem auch die
Genehmigung der Obervormundschaftsbehörde.
2) A. a. O. §§ 13 Nr. 1, 14, 18 Abs. 1. Gegen die Verweigerung der Entlassungsurkunde findet
die Verwaltungsbeschwerde an das Ministerium des Innern und gegen die Entscheidung des letzteren
die Rechtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 13 des Ges. v. 16. Dez. 1876) statt
(s. o. S. 23 N. 3).
3) A. a. O. § 19.
4) Und zwar kraft Gesetzes im Sinn einer rückwirkenden Aufhebung. Einer Unwirksamkeits-
erklärung bedarf es nicht; s. Laband, R. St. R. I 164 N. 4 und E. d. B. A. f. d. H. v. 27. Juni 1885
(A. Bl. S. 241f.).
5) A. a. O. § 18 Absf. 2.
6) Wird der Antrag nicht gestellt, so verbleibt ihm die Staatsangehörigkeit im bisherigen
Heimathstaate neben der neu erworbenen im andern Bundesstaat, s. o.
7) Die Ertheilung der Entlassungsurkunde erfolgt hier kostenfrei, § 24 Abf. 1.
8. A. a. O. § 15 Abs. 2.
9) Wehr-O. § 27 Abf. 3.
10) R.G. v. 11. Febr. 1888, Art. II § 4.
11) St. A.G. § 17. Die Vorschrift der Württ. V. U. über die Sicherheitsleistung für die vor
dem Wegzug erwachsenen Ansprüche ist damit aufgehoben, dasselbe gilt von den Beschränkungen des