378 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. III. Die Verwaltg. d. Kirchen- u. Schulwesens. 8 109.
geordneten (25 geistlichen und 25 weltlichen), einem Abgeordneten der evangelisch-theo-
logischen Fakultät der Landesuniversität und aus sechs von dem evangelischen Landes-
herrn zu ernennenden Mitgliedern, wovon die Hälfte dem weltlichen, die Hälfte dem
geistlichen Stande angehören soll. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Mitwirkung
zur kirchlichen Gesetzgebung in ihrem ganzen Umfange, wobei jedoch das Bekenntniß
der evangelisch-lutherischen Kirche ausdrücklich ausgenommen ist. Außerdem hat sie die
vom Kirchenregiment an sie gebrachten Vorlagen aus dem Gebiete der kirchlichen Ver-
waltung zu begutachten. Sie kann ferner auf den verschiedenen Gebieten des kirchlichen
Lebens Anträge, Wünsche und Beschwerden an das Kirchenregiment bringen, auch von
dem Stande der unter der Berwaltung der Oberkirchenbehörde stehenden kirchlichen Fonds,
sowie von den Positionen des Staatshaushaltsetats für evangelisch-kirchliche Bedürfnisse
behufs etwaiger Erinnerungen Kenntniß nehmen.
Die Landesbischöfliche Gesetzgebungsgewalt in kirchlichen Angelegenheiten ist an die Zu-
stimmung der Landessynode gebunden und hierdurch beschränkt, wogegen das zum Synodus
erweiterte Konsistorium die Stellung eines den Landesbischof bei der Ausübung seiner
Kirchengewalt berathenden Organs für die Verwaltung des landesherrlichen Kirchenregiments
einnimmt ).
3. Die einzelnen Kirchengemeinden und der Diöcesanverband.
a. Die Kirchengemeinden. Soweit das staatliche Gesetz vom 14. Juni 1887 in
Wirksamkeit getreten, soweit also nicht der Art. 92 dieses Gesetzes zur Anwendung kommt
(s. o. S. 242 f.)2), besteht jetzt in jeder evangelischen Kirchengemeinde als staatsgesetzliches
Organ für ihre Vertretung nach Außen und für die Verwaltung ihrer Vermögens-
angelegenheiten der Kirchengemeinderath. Die evangelische Kirchengemeinde selbst wird
durch alle Mitglieder der evangelischen Landeskirche gebildet, welche in dem Kirchspiel
(der Parochie) ihren Wohnsitz im rechtlichen Sinne haben. Staatsangehörigkeit ) wird
nicht verlangt, ebensowenig die Mitgliedschaft der politischen Gemeinde. Der Kirchen-
gemeinde kommen als einer öffentlichen Korporation (i. w. S.) die Rechte der juristischen
Persönlichkeit zu; insbesondere verwaltet sie ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb
der ihr durch das Staatsgesetz gezogenen Grenzen. Das angeführte staatliche Gesetz hat
hiernach auch die räumliche Begrenzung und Veränderung der Parochien, die Neubildung
und Auflösung der Kirchengemeinden, die Zugehörigkeit zur Kirchengemeinde geregelt,
die Organe für die Vertretung der Kirchengemeinde eingesetzt und die Konstituirung,
Synode mit dem Kirchenregiment zum Ausdruck zu bringen, während die Synodalordnung v. 1867
die Vertretung der Kirchengenossen gegenüber dem Kirchenregiment als Aufgabe bezeichnet hatte.
1) Vgl. die Landes Syn.O. v. 1888 Art. 2 f. 21—23; s. auch über das landesherrl. Kirchen-
regiment in Württemberg: Rieker in den theolog. Studien aus Württemberg 1887 H. 1 u. derf.
die Rechtsstellung der ev. Kirche Deutschl. (1893) S. 175, 307, 316, 323, 339.
2) Letzteres ist zur Zeit bei 39 evangelischen Kirchengemeinden der Fall.
3) Dies steht allerdings, wie O. Mejer in der Zeitschrift f. Kirchenrecht B. XXII S. 211ft.
u. Nieker in Boscher's Z. B. XXX S. 148 ff. richtig hervorgehoben haben, an sich in einem
logischen und sprachlichen Widerspruch mit der verlangten Mitgliedschaft der ev. Landeskirche. Denn
wenn der Begriff „Landeskirche“ als Rechtsinstitut überhaupt einen Sinn haben soll, so kann er
nur in der wenn auch nur äußern Verknüpfung der Kirchengewalt mit der Staatsgewalt und der
Identität des Herrschaftsgebiets beider bestehen; und es ergibt sich daraus allerdings die logische
Folgerung, daß die Zugehörigkeit zur Landeskirche im Gegensatz zu einer Universalkirche durch die
Zugehörigkeit zum Lande bedingt sein sollte. Allein dadurch wird der Gesetzgeber nicht gehindert,
auch Staatsfremde ohne Eintritt in den Staatsverband als Mitglieder der evang. Landeskirche zu
behandeln und sie zur Ausübung aller genossenschaftlichen Rechte zuzulassen, wenn er auch dadurch
den Begriff der Landeskirche selbst negirt. Dies ist aber hier geschehen (s. d. Nachweise bei Stein-
heil S. 9; 240—244), wenn auch die Berufung auf das Wort „alle“ bedeutungslos ist.