Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

390 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. III. Die Verwaltg. d. Kirchen= u. Schulwesens. § 110. 
8) Die Verwaltung des Pfündvermögens steht bei besetzten Pfründen dem 
Inhaber der Pfründe unter gemeinsamer Aufsicht des Staates (K. Kirchenrath) und der 
Kirche (Kapitelskäm merer bezw. Bischof) zu (Ges. Art. 19). 
J) Der im Jahre 1808 aus den Einkünften der erledigten Kirchenstellen gebildete 
Interkalarfonds.) ist bestimmt zur Ergänzung der Pfarrgehalte auf die Congrua 
und der Ruhegehalte für Geistliche, zur Uebernahme der Tischtitel für neugeweihte Geist- 
liche, zu den Kosten der nothwendigen außerordentlichen Vicarien und zu den Ausgaben 
für die Pastoration entfernt wohnender armer Kirchengenossen. Die Verwaltung dieses 
Fonds erfolgt nach Maßgabe des Normativs vom 10. Nov. 1821, sie steht wie die Ver- 
waltung der vakanten Pfründen unter der gemeinsamen Leitung des Staates und der 
Kirche (Kirchenrath und Bischof). 
5) Für die Verwaltung des Ortskirchen vermögens einschließlich der 
kirchlichen Stiftungen, aber mit Ausschluß des Vermögens der kirchlichen Pfründen (s. o. 
S. 379 zu N. 4) gelten auf Grund des staatlichen Gesetzes über die Vertretung der 
katholischen Pfarrgemeinden und die Verwaltung ihrer Vermögensangelegenheiten vom 
14. Juni 1887 im Wesentlichen diejenigen Grundsätze, welche bereits oben für die evan- 
gelischen Kirchengemeinden dargestellt wurden ). Auch die Klausel über die ausnahms- 
weise Aufrechterhaltung der bisherigen, im Verw. Ed. v. 1822 enthaltenen Bestimmungen 
über die Verwaltung des örtlichen Stiftungsvermögens ist in dieses Gesetz (Art. 67) auf- 
genommen 7). 
e) Für kirchliches Vermögen, welches nicht unter eine der vorgenannten vier Kate- 
gorien fällt, wie z. B. das Vermögen geistlicher Orden, bestimmt der Art. 19 des Kirchen G. 
von 1862 weiter: die Staatsregierung könne von den Verwaltern jedes anderen, den 
kirchlichen Bedürfnissen und Anstalten gewidmeten Vermögens — soweit ihr nicht weiter- 
gehende Befugnisse in Beziehung auf dasselbe zu kommen (s. 8) — über die Erhaltung 
des Grundstocks und die stiftungsmäßige Verwendung seiner Erträgnisse Nachweis ver- 
langen 3). 
h) Das Recht der Staatsgewalt, im Falle des Mißbrauchs der geistlichen 
Amtsgewalt, sei es nun von Amtswegen oder auf Beschwerde des Verletzten einzuschreiten 
(sog. recursus ab abusu), ist schon im § 36 der Königl. V.O. v. 30. Jan. 1830 sanktionirt 
worden. Dasselbe ist zwar in dem Gesetze vom 30. Januar 1862 nicht ausdrücklich er- 
wähnt; in den Motiven wie in den ständischen Verhandlungen ist aber der Fortbestand 
  
rente von 46 422 fl. (darunter 10 000 fl. Besoldung des Bischofs, dann Gehalte der Mitglieder des 
Domkapitels und sachliche Ausgaben), welche auf die Kameralämter Rottenburg und Horb radicirt 
ist. Diese Rente (jetzt 80 793 M.) ist aber neuerdings durch Besoldungsaufbesserungen 2c., jedoch 
nur im Wege des Etatsgesetzes, um ca. 45.000 M. über den vertragsmäßigen Betrag erhöht worden. 
1) Vgl. auch Mohl, II S. 506 ff. 
2) Nur hat man jetzt (im Gegensatz zum Ges. v. 30. Jan. 1862 betr. das Verh. der 
Staatsgew. zur kath. Kirche Art. 17) den katholischen Kirchengemeinden den Namen „Pfarr- 
gemeinde" gegeben, während das Organ zur Vertretung derselben Kirchen stiftungs- 
rath genannt ist, angeblich um einer besonderen katholischen Auffassung Ausdruck zu geben. 
Die in dem Ges. über die evangelischen Kirchengemeinden dem Konsistorium eingeräumten Befug- 
nisse werden hier dem bischöflichen Ordinariat mit den entsprechenden Rechtsbehelfen gegen dessen 
Beschlüsse eingeräumt. Da jedoch das letztere eine rein kirchliche Behörde ist, während das 
Konfistorium mit seiner Stellung als Oberkirchenbehörde diejenige einer Staatsaufsichtsbehörde 
wenigstens in gewissen Richtungen verbindet, so ist bei solchen Fällen, in welchen staatliche bezw. 
bürgerliche Interessen zu wahren sind, für die katholischen Pfarrgemeinden vorgeschrieben, daß das 
Ordinariat seine Entscheidung im Einvernehmen mit der Kreisregierung zu treffen, im Fall der 
Meinungsverschiedenheit aber das Ministerium des Kirchen= und Schulwesens zu entscheiden habe 
(s. Art. 10, 14 Abs. 2, 60, 61 des Pfarrgem. G.), wogegen hier bei evangelischen Kirchengemeinden 
das Konsistorium allein verfügt. 
3) Vgl. Golther S. 92ff., 409 ff.
	        
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