410 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. VI. Die Verwaltung des Kriegswesens. 8 116.
Durch das Verhältniß zum Reiche wird die amtliche Stellung des Kriegsministeriums
als Landescentralbehörde auch insofern berührt, als nach dem angeführten Art. 15 der
Mil. Konvention zur Vermittelung der dienstlichen Beziehungen des württemb. Armee-
korps zu dem deutschen Bundesheer ein direkter Schriftwechsel — also ohne Ver-
mittelung des Staatsministeriums und des auswärtigen Amtes — zwischen dem preußi-
schen und dem württemb. Kriegsministerium stattfindet und letzteres auf diese Weise alle
betreffenden zur Zeit giltigen oder später zu erlassenden Reglements u. s. w. zur ent-
sprechenden Ausführung erhalten soll !. Durch das Kriegsministerium wird ferner
seit dem R.G. v. 26. Mai 1893 der Gesammtbedarf an Rekruten auf den Armeekorpsbezirk
nach Verhältniß der im laufenden Jahr in diesem Bezirk vorhandenen diensttauglichen
Militärpflichtigen vertheilt.
Die Geschäfte des Kriegsministeriums, welches jetzt nach preuß. Muster organisirt ist?),
werden theils in diesem selbst, theils von den ihm unterstellten Behörden c. bearbeitet. Das
Kriegsministerium gliedert sich in folgende Abtheilungen:
1. Das Centralbureau, dessen Chef der Adjutant des Kriegsministers ist. In
diesem werden diejenigen Gegenstände bearbeitet, welche der Minister besonders bezeichnet. Dem
Bureau ist unterstellt: die Kanzlei, die Bibliothek und die Druckerei des Ministeriums.
2. Die Militärabtheilung bearbeitet die rein militärischen Gegenstände, so den
Ersatz und Abgang bei den Truppen, die Truppenetats, Munition, Waffen und Feldgeräthe,
die Kirchen= und Unterrichtsangelegenheiten, die Remontirung, die Marsch= und Etappenangelegen-
heiten, endlich die Pensions= und Invalidensachen der Militärpersonen und ihrer Hinterbliebenen,
sowie die Unterstützungsangelegenheiten.
3. Die Oekonomieabtheilung leitet das Etats-, Kassen= und Rechnungswesen
und bearbeitet die auf die Geld= und Naturalverpflegung, Bekleidung, Unterbringung, sowie
die auf das Reise-, Transport= und Vorspannwesen, auch die auf die Kranken-, Unfall-, In-
validitäts= und Altersversicherung bezüglichen Angelegenheiten. In den Geschäftsbereich dieser
Abtheilung fallen ferner die persönlichen Angelegenheiten der Beamten und Unterbeamten des
Kriegsministeriums und der Intendantur, der Beamten des Korpsbekleidungsamtes, der Zahl-
meister und der Lokal-Verwaltungsbeamten mit Ausschluß der Lazareth-Verwaltungsbeamten.
Auch ist ihr der Baurath des Kriegsministeriums für die Bearbeitung der bautechnischen Arbeiten
untergeordnet.
4. Die Justiz-Abtheilung ist das berathende Organ des Kriegsministeriums in
allen Rechtsangelegenheiten und gleichzeitig die oberste Militärjustizbehörde (Oberkriegsgericht),
welche als solche die Geschäftsführung der Auditeure beaufsichtigt, ihre persönlichen Angelegen-
heiten behandelt und in den ihr von den Kommandobehörden vorgelegten Untersuchungssachen
Bescheide und Verfügungen erläßt.
5. Der Militärmedicinalabtheilung ist die Leitung und Besorgung der
Militärmedicinal= und Lazareth-Verwaltungs-Angelegenheiten übertragen.
von Sonderrechten gegenüber dem Reich, namentlich der in der Militärkonvention vom 25. Nov.
1870 enthaltenen, da diese letztere mit den Versailler Verträgen Gegenstand förmlicher Verab-
schiedung mit den Ständen war (s. v. S. 12). Eine Abänderung der Militärkonvention liegt
übrigens nicht vor, wenn und soweit der Landesherr von den dem Kontingentsherrn nach dieser
Konvention zustehenden Befugnissen, sei es im Einverständniß mit dem Kaiser oder ohne solches im
Interesse der Einheitlichkeit der deutschen Armee keinen Gebrauch macht, bezw. sich freiwillig gewisse
Beschränkungen auferlegt, z. B. wie es in der Kab. Ordre v. 1. Dez. 1893 (Staatsanz. v. 13. Jan.
1894) geschehen ist, bei Neuernennungen oder Beförderungen im Offizierskorps eine Rangliste zu
Grunde legt, in welcher das württemberg. Armeekorps mit der preuß. Armee nach einem gemeinsam
festgestellten Dienstaltersverhältniß vereinigt erscheint. Denn es handelt sich hier um Grundsätze,
deren Anwendung von dem Ermessen des Kontingentsherrn abhängt und jeder Zeit durch eine neue
Ordre beseitigt werden kann und nur der Mitwirkung des verantwortlichen Kriegsministers bedarf.
Auch wird, da es sich hierbei nicht um eine Abänderung des bestehenden Rechtes, sondern nur um
die Durchführung gewisser Verwaltungsgrundsätze handelt, der Nachfolger in der Regierung in keiner
Weise formell gebunden.
1) S. hierüber Laband, II 517f.
2) Vgl. die Erl. v. 28. u. 30. März 1874 im württemberg. Mil. V.O. Bl. S. 51.