Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

48 Dritter Abschn.: Die natürl. Grundlagen d. Staats. III. Sonderrechte einzelner Klassen. § 9. 
b) Der Anspruch auf einen besonderen Ehrentitel (Durchlaucht bezw. Erlaucht) ¹). 
c) Die Befreiung von der Wehrpflicht ²). 
2. Durch den Besitz einer Standesherrschaft innerhalb des Staates Württem- 
berg bedingts ³) sind folgende Vorrechte: 
a) Das Recht der Häupter der württembergischen standesherrlichen Familien auf 
Sitz und Stimme als erbliche Mitglieder der Ersten Kammer der Stände- 
versammlung; s. § 24. 
b) Das Recht der Autonomie  (durch Errichtung von Familienverträgen, Statuten 
und Fideicommissen ꝛc.) in Beziehung auf die Familien- und Güterverhältnisse 
nach Maßgabe des § 14 der deutschen Bundesakte. Solche Akte der Autonomie 
sind dem Könige zur Genehmigung vorzulegen, wobei zu prüfen ist, ob dieselben 
nicht den absolut gebietenden oder verbietenden Gesetzen, insbesondere der Ver- 
fassung, der Religion und den guten Sitten zuwiderlaufen und ob dadurch nicht 
in wohl erworbene Rechte Dritter eingegriffen wird. Die Königl. Genehmigung 
bedingt zwar die Giltigkeit dieser Statuten an sich nicht, dagegen sind dieselben 
von den Landesstellen nicht zu beachten, ehe sie auf Grund der Genehmigung zur 
öffentlichen Kenntniß und Nachachtung gebracht sind ⁴). 
c) Das Recht auf Kirchengebet und Trauergeläute in ihren Besitzungen bei 
Todesfällen in der Familie ⁵). 
d) Das Recht der Verleihung von Titeln an ihre Beamte, übrigens jetzt mit 
der Beschränkung auf solche Titel, welche sich auf die den Standesherren allein 
noch verbliebenen Gebiete der eigenen Verwaltung beziehen; dabei bedarf es be- 
sonderer Königl. Erlaubniß, wenn ein höherer Titel als „Direktor“ oder „Rath“ 
ertheilt werden will ⁶). 
e) In Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit: die Befreiung von der 
Gerichtsbarkeit der Ortsbehörden, sowohl für ihre Person als für ihre imma- 
 
1) Vgl. den Bundesbeschluß v. 13. Febr. 1829 und die K.V.O. vom 5. Mai 1829 und 
Zöpfl, II S. 103., 104. Nach den Deklarationen (s. o.) haben die Häupter der fürstlichen 
Familien in amtlichen Zuschriften bei der Anrede den Titel „Euer Durchlaucht“ und „Hochdieselben“, 
die Nachgeborenen den Titel „Euer fürstliche Gnaden“ anzusprechen. Den Erstgeborenen der gräf- 
lichen Häuser kommt das Prädikat „Erlaucht", den Nachgeborenen das Prädikat „Hochgeboren“ zu; 
s. die sämmtlichen Declarationen § 2 u. die K.V.O. v. 16. Nov. 1826. In Eingaben an den 
König und an die Königl. Stellen haben sich die Standesherren ganz der gewöhnlichen Kanzleiformen 
zu bedienen; das Prädikat „Wir“ dürfen sie aber hiebei nicht anwenden; 
2) Vgl. R.Wehr G. v. 9. Nov. 1867, § 1 mit dem Mürtt. Ges. v. 30. April 1853 und 
Laband, R. St. R. II 624. 
3) S. hierüber auch unten § 24. 
4) Württemb. Archiv Bd. XXII, S. 423 ff. — Die früheren, durch das Ges. v. 22. April 
1808 aufgehobenen Familienstatuten sind nicht schon durch die Bundesakte, sondern erst durch das 
Adelsstatut von 1817, §§ 26 u. 27 bezw. durch die zu dessen Vollzug erlassene Königl. Resolution 
vom 7. Febr. 1818 wieder hergestellt worden, übrigens mit der Beschränkung, daß Veränderungen 
jeder Art, welche seit dem Ges. v. 22. April 1808 durch Erbtheilungen, Vergleiche, Veräußerungen ꝛc. 
in den Stammgütern und Fideikommissen vorgegangen, aufrecht erhalten bleiben; s. Wächter, 
Wüttemberg. Pr. R. B. I S. 1079. Lang, Württemberg. Pers.-R. § 18 Nr. 5. 
5) § 4 der Deklar. v. 8. Aug. 1819 ꝛc.  Das Recht, auf ihren Schlössern ohne Dispensation 
Privattrauungen, Taufen und Konfirmationen vornehmen zu lassen, bestimmt sich jetzt ausschließlich 
nach kirchlichen Gesetzen, vgl. z. B. Art. 11 des kirchl. Ges. über Trauungen in der ev. Kirche vom 
23. Nov. 1876. Für die Civiltrauung gilt das Vorrecht jedenfalls nicht; s. auch Hinschius, 
Komm. 3. Aufl. S. 175 N. 8. — Die Ansicht von Lang, Pers. R. S. 107, N. 7, daß das Vor- 
recht als ein Fall „erheblicher Verhinderung“ aufrecht erhalten sei, ist unrichtig, da, wie sich auch 
pur aus dem Erforderniß der „Glaubhaftmachung“ ergibt, hierunter nur faktische Hindernisse zu ver- 
stehen sind.  
6) Wenn auch mit solchen Titeln keine Amtsgewalt verbunden ist, so hat der Titel doch 
rechtliche Bedeutung mit Rücksicht auf §§ 33, 34⁸ , 360 ⁸  des St. G. B.
	        
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