Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 10. C. Der ritterschaftliche Adel. 51 
welches als Rittergut in die Realmatrikel des Königreichs eingetragen ist, sei 
dasselbe nun ein ehemals immatrikulirter reichsritterschaftlicher Besitz oder ein privilegirtes 
Gut einer ehemals landsässigen Familie oder erst neuerdings durch den König zu einem 
adeligen Gute erhoben worden ¹). Der § 48 der Declaration von 1821 legt nämlich dem 
König, soweit es sich um die Einräumung des Rechts der Landstandschaft handelt, unbe- 
schränkt das Recht bei, einem bisher nicht adeligen Gute die Eigenschaft eines Ritterguts zu 
verleihen und dessen Aufnahme in die Realmatrikel anzuordnen ²). 
3. Durch den erblichen Adelsstand des Besitzers. Gleichgiltig ist hierbei, 
ob der Adel ein reichsritterschaftlicher ist ³) oder ob er sonstwie auf rechtsgiltiger Verleihung 
z. B. durch den König oder einen auswärtigen Souverän beruht. Ein durch hausgesetzliche 
Erbfolge begründeter Zusammenhang zwischen dem Gute und der Familie des Besitzers wird 
nicht erfordert. Es genügt jeder Erwerb eines adeligen Guts (Nr. 2) durch einen dem erb- 
lichen Adelsstand angehörigen württemberg. Staatsbürger. 
4. Als ein weiteres Erforderniß verlangt die V. U. § 40 die Aufnahme in eine der 
vier ritterschaftlichen Korporationen und zwar — soweit dieselbe nicht auf Erbfolge beruht 
— durch einen mit Zustimmung der Ritterschaft vom König ausgehenden Akt. Da jedoch 
die Konstituirung dieser Körperschaften und damit die in der V. U. in Aussicht genommenen 
Statuten derselben seit 1819 nicht zu Stande gekommen sind ⁴), so mußte seither von diesem 
Erfordernisse, also namentlich auch von dem Konsense der betreffenden Körperschaft abge- 
sehen werden (s. auch N. 2. ⁵). 
III. Als Vorrechte des ritterschaftlichen Adels bestehen zur Zeit nur noch: 
1. Das ritterschaftliche Wahl- und Wählbarkeitsrecht zur Zweiten Kammer der 
Ständeversammlung (V. U. §§ 133, 143, 145), sowie die Befähigung der Angehörigen 
dieses Standes, nach Maßgabe des § 130 der V. U. zu erblichen Mitgliedern der Kammer 
der Standesherrn ernannt zu werden. 
2. Das Recht der Autonomie durch Errichtung von Familienverträgen und sonstigen 
Familienstatuten ⁶); jedoch mit der Beschränkung, daß neu zu errichtende Familienstatute, be- 
ruhen sie nun auf einer Disposition unter Lebenden oder von Todes wegen, soweit sie auto- 
nomische Bestimmungen enthalten, zu ihrer Giltigkeit der Bestätigung durch das vorgesetzte 
Landgericht ⁷) bedürfen und, nachdem diese erfolgt ist, in der Gesetzsammlung zu publiziren sind ⁸). 
1) Vgl. die Bekanntmachung v. 15. Jan. 1818; §§ 47 u. 48 der Deklaration v. 1821; auf 
Grund jener Bekanntmachung war die Realmatrikel im Jahre 1818 angelegt worden. Die Matrikel 
wird nach Maßgabe dieser Vorschriften von der bei dem Ministerium des Innern eingesetzten 
Kommission für die Adelsmatrikel geführt (vgl. auch die K.V.O. v. 1. Juli 1857). Ueber die 
 Voraussetzungen ber Ermatrikulation (Verzicht ꝛc.) s. den Besch. der Adelsmatr. Komm, bei Boscher, 
 2) Von diesem Rechte hat die Regierung seit 1821 wiederholt, ungeachtet des auf Grund 
des § 40 der V. U. (Erforderniß der Genehmigung der ritterschaftlichen Korporation) erhobenen 
Widerspruchs der Ritterschaft, Gebrauch gemacht, Verh. der K. d. A. v. 1865 Prot. VI S. 4665, 
s. o. Nr. 4. Daß das aufzunehmende Gut von bäuerlichen Lasten frei sei, kommt nach Aufhebung 
aller bäuerlicher Lasten nicht mehr in Frage; s. übrigens Mohl, I S. 504 N. 3 u. 7 und jetzt 
das Sportelges. v. 24. März 1881 u. 14. Juni 1887, Tarif Nr. 1 und die Verh. der K. d. A. 
v. 5. Febr. 1881 hierzu.  
3) Die Mitglieder reichsritterfchaftlicher Familien führen als solche mindestens den Frei- 
herrntitel; s. das (ungedruckte) Decr. v. 12. März 1823. 
4) Ein im Jahre 1839 bei der St. K. eingebrachter Gesetzentwurf betr. das Statut für die 
Körperschaften des ritterschaftlichen Adels gelangte nicht zur Verabschiedung. 
5) S. übrigens Mohl, I S. 505 Not. 7. 
6) Den Frauen steht ein solches Recht nicht zu, jedenfalls nicht, wenn sie durch Heirath 
aus der ritterschaftlichen Familie ausgetreten sind. A. M. das Landgericht Stuttgart, Rgbl. 1891, 
S. 267; vgl. dagegen St. Handb. 1892, S. 585. 
7) Zuständig ist dasjenige Landgericht, in dessen Bezirke die immatrikulirte Besitzung liegt, 
auf welcher das Recht der Autonomie für die betr. Disponenten beruht. W. Ger. Bl. II S. 391ff. 
8) Vgl. Bundesakte Art. 14, Dekl. v. 1821, § 15. Die Annahme von Sarwey, I S. 332, 
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