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Niemand darf gezwungen werden, sein
Privat-Eigenthun, selbst füc öffentliche Zwe-
cke abzutreteu, als nach einer förmlichen
Entscheidung des versammelten Staatsraths,
und nach vorgängiger Enrschädigung, wie
solches in der Verordnung vom 14. August
1815 bestimmt ist.
". 9.
Jedem Einwohner des Reichs wird voll-
kommene Gewissens-Freyheit gesichert; die
einsache Haus-Andacht darf daher Rieman=
den, zu welcher Religion er sich bekennen
mag, untersagt werden.
Die in dem Konigreiche bestehenden drey
christlichen Kirchen= Gesellschaften genießen
gleiche bürgerliche und politische Rechte.
Die nicht christlichen Glaubens-Genossen
haben zwar vollkommene Gewissens-Frey-
heit; sie erhalten aber an den Sraatsbürger=
lichen Rechten nur in dem Maaße einen
Antheil, wie ihnen derselbe in den organi-
schen Edicten über ihre Aufnahme in die
Staa:: Gesellschaft zugestchert ist.
Ailen Neligionstheilen, ohne Ausnahme,
ist das Eigenthum der Stiftungen und der
Genuß ihrer Renten nach den ursprüngli-
chen Stisftungs-Urkunden und dem recht-
mäßigen Besitze, sie seyen für den Cultus,
den Unterricht oder die Wohlthérigkeit be-
stimmt, vollständig gesichert.
Die geistliche Gewalt darf in ihrem ei-
gentlichen Wirkungs-Kreise nie gehemmt
werden, und die weltliche Regierung darf in
rein geistlichen Gegenständen der Religions=
Lehre und des Gewissens sich nicht einmischen,
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als in soweit das Obersthoheltliche Schut-
und Aufsichts-Reche einerttt, wonach keine
Verordnungen und Gesetze der Kirchen, Ge-
walt ohne vorgängige Einsicht und das Hla-
cet des Köntgs verkündet und vollzogen
werden dürfen.
Die Kirchen und Geistlichen stnd in ih-
ron bürgerlichen Handlungen und Beziehun-
gen — wie auch in Ansehung des ihnen
zustehenden Vermögens den Gesetzen des
Sgtaats und den weltlichen Gerichten unter-
eben; auch können sie von öffentlichen Scaats=
lasten keine Befreyung ansprechen.
Die übrigen nähern Bestimmungen über
die äuhern Rechts-Verhälenisse der Bewoh-
ner des Königreichs, in Beziehung auf Re-
ligion und kirchliche Gesellschaften, sind in
dem der gegenwärtigen Verfassungs-Urkunde
beygefügten besondern Edicte enthalten.
(Beplage II.)
S. 20.
Das gesammte Sciftungs-Vermögen
nach den drey Zwecken des Culeus, des Un-
terrichts und der Wohlehätigkeit, wird gleich-
falls unter den besondern Schutz des Staa-
htes gestellt; es darf unter keinem Vorwande
zu dem Finanz-Vermögen eingezogen, und
in der Substanz für andere, als die drey
genannten Zwecke ohne Zustimmung der Be-
theiligten, und bey allgemeinen Sctiftungen
ohne Zustimmung der Stände des Reiches
verdußert, oder verwendet werden.
*s-i
Die Freyheit der Presse und des Buch-
handels ist nach den Bestimmungen des
(384)